Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Ermittlung eines Rentenanspruchs. Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Beitragszeiten in der ehemaligen DDR

 

Orientierungssatz

Allein der Umstand, dass ein privater Arbeitgeber in der vormaligen DDR gesetzlich verpflichtet war, Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung abzuführen, genügt noch nicht für die gemäß § 286 b Satz 1 SGB 6 erforderliche Glaubhaftmachung der tatsächlichen Beitragszahlung, die Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten bei der Ermittlung des Rentenanspruchs ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger streitet mit der Beklagten über die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten.

Der 1941 geborene Kläger arbeitete nach eigenen Angaben vom 1. April 1959 bis zum 12. Juli 1959 bei dem Schausteller O. B., Oldisleben.

Auf seinen Antrag vom 21. Juli 2003 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27. November 2003 Altersente für langjährig Versicherte ab 1. März 2004. Die Zeit vom 1. April 1959 bis zum 12. Juli 1959 wurde nicht berücksichtigt. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 22. Dezember 2003 Widerspruch, den er unter anderem damit begründete, die Zeit sei wegen des Todes seines damaligen Arbeitgebers nicht in den Sozialversicherungsausweis (SVA) eingetragen worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Beitragsentrichtung für den streitigen Zeitraum weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei.

Am 19. April 2004 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Halle erhoben. Nach seiner Auffassung sei jeder Beschäftigte in der DDR gesetzlich pflichtversichert gewesen und die Beiträge seien auch vom Lohn abgezogen worden. Der Arbeitgeber sei gesetzlich verpflichtet gewesen, die Beiträge abzuführen. Das Gericht hat Zeugen zur Frage des behaupteten Beschäftigungsverhältnisses des Klägers vernommen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten eine Versicherung an Eides Statt abgegeben. Mit Urteil vom 2. Februar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden, dass im streitigen Zeitraum ein beitragspflichtiges Entgelt erzielt worden sei und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden seien. Zweifelhaft sei auch, ob der Kläger überhaupt eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe, da Personen, die Gelegenheitsarbeiten ausübten, nicht versicherungspflichtig gewesen seien. Es sei möglich, dass die Tätigkeit eines 18-Jährigen bei einem Schausteller als Gelegenheitsarbeit angesehen worden sei. Gegen das ihm am 16. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Mai 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Mit Beschluss vom 30. September 2010 hat das Landessozialgericht Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt. Der Kläger trägt vor, er habe sich wegen "jugendlichen Leichtsinns" nicht um die Eintragung der Tätigkeiten in den SVA gekümmert. Daher sei es nicht unwahrscheinlich, dass er in dem streitigen Zeitraum versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Die Regelmäßigkeit und die Erteilung von Quittungen sprächen dafür, dass er nicht als Gelegenheitsarbeiter beschäftigt gewesen sei. Es sei ihm nicht vorzuwerfen, wenn er sich nicht mehr erinnern könne, ob er Lohnstreifen erhalten habe. Vielmehr spreche dies gerade für seine Ehrlichkeit.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Februar 2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2004 und des Bescheides vom 23. Februar 2010 abzuändern und ihm unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. April 1959 bis zum 12. Juli 1959 als Beitragszeit mit entsprechenden Entgelten ab 1. März 2004 eine höhere Altersrente für langjährig Versicherte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für zutreffend.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf deren Inhalt ergänzend verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die formalen Voraussetzungen für eine Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter nach § 155 Abs. 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen vor, da die Beteiligten einer solchen Entscheidung zugestimmt haben. Außerdem ist die Sache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht als einfach anzusehen (zu dieser Voraussetzung siehe BSG, Urteil vom 8. November 2007, Az: 9/9a SB 3/06, Rdnr. 20 ff.).

Die gemäß § 143 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Zeit vom 1. April 1959 bis zum 12. Juli 1959 kann nicht als Beitragszeit gem. §§ 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 1 Satz 1, 248 Abs. 3 Satz 1 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?