Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. Erstfeststellung der MdE nach dem BVG im Beitrittsgebiet. Herabsetzung der MdE. Zehnjahresfrist
Orientierungssatz
1. Der Herabsetzung der MdE von 70 vH auf 60 vH eines im Beitrittsgebiet lebenden Kriegsbeschädigten steht § 62 Abs 3 BVG nicht entgegen, wenn nach der erstmaligen Festsetzung der MdE nach dem BVG bis zur Herabstufung noch keine zehn Jahre vergangen sind.
2. Für eine entsprechende Anwendung sieht der Senat mangels Vorliegens eines Vertrauenstatbestandes iS der Zubilligung eines höheren Grades der MdE auf den sich der Kläger berufen kann (keine Feststellung eines beim Kläger vorliegenden Körperschadens um mehr als 60 vH unter der Geltung des Rechts des Beitrittsgebiets), keinen Raum.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 25. Juli 2001 abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger unter Abänderung der Bescheide vom 21. Juni 1995 und 25. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1998 über den 31. Juli 1995 hinaus eine Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 vom Hundert zu gewähren.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der ... 1915 geborene Kläger leistete Militärdienst als Soldat der deutschen Wehrmacht. Nach einem Entlassungsbericht des Reservelazaretts B vom 6. Juni 1945 erlitt er am 16. April 1944 durch eine Minenexplosion (als er mit einem Schützenpanzer auf eine Mine fuhr) einen Bruch des linken Schenkelhalses. Im Lazarett erfolgte eine Oberschenkelhalsbolzung zur Beseitigung einer bereits ausgebildeten Pseudoarthrose mit geringer Verschiebung. Auf dem Entlassungsschein aus der Kriegsgefangenschaft vom 14. Juni 1945 ist vermerkt, der Kläger hinke links, das linke Bein sei um 5 cm verkürzt.
Im einem amtsärztlichen Zeugnis vom 3. Mai 1945 wird ausgeführt: Es liege eine Verletzung des linken Schenkelhalses durch Schenkelhalsbruch infolge einer Minenexplosion vor. Dies habe zu hochgradiger allseitiger Einschränkung der Beweglichkeit des Hüftgelenks und zur Verkürzung des Beines um 5 cm geführt.
Die Facharzt für Chirurgie Dr. G stellte nach Untersuchung des Klägers in einem "Kriegsopfer-Gutachten" vom 17. Januar 1991 fest: Das linke Bein sei gegenüber rechts um 5 cm verkürzt. Das Hüftgelenk sei praktisch steif, das Kniegelenk links sei bis 90° beugbar. Innen- und Außenrotationsbewegung des linken Beines seien nicht möglich. Röntgenologisch liege eine Schenkelhalspseudoarthrose mit schwerer Coxarthrose bei fast völliger Auflösung des Schenkelhalsbereiches vor, woraus auch die Verkürzung des Beines resultiere. Der Körperschaden betrage 60 %.
Am 5. Februar 1991 ging beim Amt für Versorgung und Soziales Magdeburg ein Antrag des Klägers vom 5. November 1990 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) ein.
Auf Veranlassung der Versorgungsverwaltung erstellte die Fachärztin für Orthopädie Dr. W nach Aktenlage ein versorgungsärztliches Gutachten vom 13. August 1991. Darin führte sie aus: Nach Prüfung aller Schädigungsfolgen sei eine Gesamt-MdE um 70 v. H. gerechtfertigt. Der Hüftbefund mit der Pseudoarthrose sei mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 bis 70 v. H. zu bewerten. Die Versteifung des linken Hüftgelenkes wirke sich zusätzlich beeinträchtigend aus und die Beinverkürzung links von 5 cm sei allein gesehen mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten.
Das Amt für Versorgung und Soziales Magdeburg erkannte mit Bescheid 16. Dezember 1991 als Schädigungen an: "Versteifung des linken Hüftgelenkes mit Pseudoarthrose des linken Schenkelhalses und Beinverkürzung links um 5 cm", und stellte eine MdE um 70 v. H. sowie einen daraus folgenden Anspruch auf Beschädigtenversorgung rückwirkend ab dem 1. Januar 1991 fest. In einer Anlage des Bescheides wird darauf hingewiesen, dass die Feststellung zunächst vorläufig sei. Nach weiterer Überprüfung unter ärztlicher Beteiligung könne sich eine Veränderung der Leistungen ergeben.
Nach einer Untersuchung des Klägers erstellte die Fachärztin für Orthopädie Dr. W am 27. April 1994 ein weiteres Gutachten. Darin führte sie aus: Der Antragsteller habe 1992 ein künstliches Hüftgelenk links erhalten. Nach der Operation habe sich die Beweglichkeit des Gelenkes etwas gebessert, auch seien die Schmerzen nicht mehr so stark. Der Antragsteller habe fast ständig Rückenbeschwerden. Auch nach der Endoprothesenimplantation sei das linke Bein noch 5 cm kürzer als das rechte Bein. Die Beinverkürzung sei mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten. Trotz des künstlichen Hüftgelenkes bestehe eine erhebliche Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes (Ex/Flex. rechts 0/0...