Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Fortsetzungsfeststellungsklage. Zulässigkeit. Feststellungsinteresse. Angelegenheit der Sozialhilfe. Eingliederungshilfe (hier: Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung). vom Sozialhilfeträger erbrachte Leistungen für vergangenen Zeitraum. Zahlung aufgrund einer im Beschwerdeverfahren aufgehobenen einstweiligen Anordnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage für Leistungen der Eingliederungshilfe für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, für den der beklagte Sozialhilfeträger in Umsetzung einer nachfolgend im Beschwerdeverfahren aufgehobenen einstweiligen Anordnung des SG Zahlungen geleistet hatte.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Juni 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nach Umstellung des Klageantrages in eine Fortsetzungsfeststellungsklage noch über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Eingliederungshilfe für eine Schulassistenz für das Schuljahr 2017/2018 ablehnte.
Die am ... 2005 geborene Klägerin besuchte zunächst Kindertagesstätte und Kindergarten. Für die Zeit ab Oktober 2011 erbrachte der Landkreis W. (im Folgenden: Landkreis) im Namen des Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets für heilpädagogische Maßnahmen. Die Klägerin wurde im Schuljahr 2012/2013 nach Zurückstellung um ein Jahr eingeschult. Die Grundschulzeit bewältigte die Klägerin ohne einen Schulbegleiter und nutzte einen Nachteilsausgleich insbesondere bei schriftlichen Arbeiten. Im Jahreszeugnis für die dritte Grundschulklasse vom 24. Juni 2016 wird sie als gut gelaunte und willensstarke Schülerin beschrieben. Auch von Misserfolgen lasse sie sich nicht entmutigen. Das Halten von Ordnung stelle immer noch eine Herausforderung dar. Nicht immer halte sie sich an die Regeln des Schulalltages und müsse daran erinnert und ermahnt werden. Die Benotung erfolge in sämtlichen Fächern für den gemeinsamen Unterricht unterhalb der curricularen Anforderungen auf der Grundlage eines individuellen Lehrplanes mit „i.B.“ (individuelle Bewertung).
Dem Arztbrief des Kinderzentrums am Krankenhaus S. in H. vom 18. August 2016 ist die Diagnose einer leichten Intelligenzminderung ohne oder mit geringfügiger Verhaltensstörung (F 70.0 G) zu entnehmen. In den einzelnen Subtests der psychologischen Leistungsdiagnostik habe die Klägerin Werte im leicht und weit unterdurchschnittlichen Bereich ihrer Altersklasse erzielt. Den Eltern sei der Wechsel der Klägerin in eine Förderschule für geistig behinderte Kinder empfohlen worden. Zu den Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt A 123 bis A 126 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Ein Verfahren über die Anerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin wurde erst nach dem hier streitigen Zeitraum mit Bescheid vom 14. August 2018 mit dem Ergebnis eines ab dem 1. Januar 2017 anerkannten GdB von 40 auf Grund einer Funktionsstörung in Form einer Entwicklungsstörung abgeschlossen. Auf Antrag der Klägerin erfolgte mit Bescheid vom 4. April 2019 die Neufeststellung mit einem GdB von 50 wegen einer Funktionsstörung in Form einer Entwicklungsstörung ab dem 12. November 2018 unter Ablehnung der beantragten Merkzeichen „G“, „B“ und „H“. Mit Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 7. Dezember 2018 wurden bei der Klägerin die Voraussetzungen des Pflegegrades 2 seit dem 1. November 2018 festgestellt. Zu den Einzelheiten wird insoweit auf Blatt 182 bis 195 Bd. II der Gerichtsakten verwiesen.
Das Landesschulamt teilte mit Bescheid vom 8. März 2017 für die von den Eltern gewünschte Beschulung der Klägerin im gemeinsamen Unterricht an einer Sekundarschule einen weiterhin bestehenden Sonderförderbedarf der Klägerin im Schuljahr 2017/2018 mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ mit. Die weitere Beschulung erfolge ab dem genannten Schuljahr in der Sekundarschule des Schulbezirks und die Förderung orientiere sich an einem Individualplan unterhalb der curricularen Vorgaben der Sekundarschule. Dem entspricht auch der Bescheid des Landesschulamtes für das Schuljahr 2018/2019 vom 6. August 2018.
Am 10. August 2017 wurde die Klägerin in die circa 25 km von ihrem Wohnort entfernt gelegene Evangelische Gesamtschule M. in W., eine staatlich anerkannte Ersatzschule in freier Trägerschaft, aufgenommen. Für den Schulbesuch beantragte die Klägerin am 23. Juni 2017 bei dem Landkreis die Bewilligung von Leistungen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung in Form einer Schulassistenz. Ein Schulbegleiter sei dringend erforderlich, um für die Klägerin den Übergang in die neue Schule und den Alltag in der Schule und dem neuen sozialen Umfeld so optimal wie mö...