Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss bei Anspruch auf Ausbildungsförderung. Promotionsstudium. keine abstrakte Förderungsfähigkeit nach BAföG
Leitsatz (amtlich)
Ein Promotionsstudium ist keine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung iS von § 7 Abs 5 SGB 2, denn es ist nicht nach BAföG förderungsfähig, weil es nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss (§ 7 BAföG) führt.
Orientierungssatz
1. Eine analoge Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 5 SGB 2 auf Promotionsstudiengänge ist mangels planwidriger Regelungslücke nicht möglich.
2. Die fehlende Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt des Studenten während der Promotion kann dem Leistungsanspruch nach SGB 2 nicht entgegen gehalten werden. Bei Weigerung der Aufnahme zumutbarer Arbeit während der Promotion können ggf Sanktionen nach § 31 SGB 2 verhängt werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) darüber, ob die Klägerin wegen des von ihr absolvierten Promotionsstudiums gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen ist. Umstritten ist die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von bereits gezahlten Leistungen sowie die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss oder Darlehen.
Die am … 1978 geborene Klägerin studierte von Oktober 1997 bis September 2004 im Hauptfach Soziologie mit den Nebenfächern Pädagogik und Politikwissenschaft an der ….-Universität in M.. Sie schloss ihr Studium am 29. September 2004 mit dem akademischen Grad Magistra Artium ab und wurde am 30. September 2004 exmatrikuliert. In der Zeit vom 12. November 2004 bis zum 14. Ja-nuar 2005 absolvierte sie ein von der Bundesanstalt für Arbeit aus ESF-Mitteln gefördertes Praktikum im “Familienreferat„ des Ministeriums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt. Am 10. Januar 2005 wurde sie von der O.-v.-G.-Universität M. auf Antrag wieder als Studentin im Wintersemester 2004/2005 immatrikuliert. Der vorliegenden Immatrikulationsbescheinigung ist der Studiengang: “Magister MAG-So 2„ und als angestrebter Studienabschluss “Promotion m.v. Abschluss„ zu entnehmen.
Am 17. Januar 2005 beantragte sie bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Angaben zur Immatrikulation machte sie dabei nicht. Die Frage im Antragsvordruck, ob sie Auszubildende - auch in Schulausbildung - sei, verneinte sie. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 1. Februar 2005 Leistungen ab dem 17. Januar 2005 bis zum 31. Juli 2005 in Höhe von 583,76 € monatlich. Die Bewilligung für die Monate März und April 2005 hob die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2005 wegen Einkommens auf. Auf den Folgeantrag vom 29. Juli 2005 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 4. August 2005 auch für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II in monatlicher Höhe von 583,76 €.
Mit Schreiben vom 25. August 2005 lud die Beklagte die Klägerin zur Teilnahme an einer am 1. September 2005 um 14.00 Uhr stattfindenden Informationsveranstaltung der Trainingsmaßnahme Jobstart ein. Mit Schreiben vom 29. August 2005 lehnte die Klägerin die Teilnahme an der Informationsveranstaltung sowie einer nachfolgenden Trainingsmaßnahme mit der Begründung ab: Sie arbeite derzeit an ihrer Dissertation und habe zudem einen Antrag auf Bewilligung eines Promotionsstipendiums gestellt habe. Sie betreibe gerade die Dissertationsforschung, die zeitaufwändig sei und ihre volle Konzentration verlange. Die Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme würde dazu führen, dass sie den Zeitplan für die Promotion nicht einhalten könne. Die Beklagte lud die Klägerin daraufhin zu einen persönlichen Gespräch am 22. September 2005 ein, in dem sie ankündigte, die Bewilligung der Leistungen rückwirkend aufheben zu wollen.
Nach Anhörung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2005 die Bewilligungen der Leistungen für den Zeitraum ab dem 17. Januar zurück 2005 und forderte die Klägerin auf, Leistungen in Höhe von 4.961,96 € sowie Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 812,57 €, insgesamt 5.871,12 €, zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen, weil sie an einer Hochschule immatrikuliert sei. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Nachdem das SG mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid angeordnet hatte (Az. S 25 AS 550/05 ER), bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19. Oktober 2005 sowie mit Bescheid vom 14. November 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. November 2005 und mit Bescheid vom 3. Januar 2006 Leistungen nach...