Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. häusliche Krankenpflege für einen stationär untergebrachten behinderten Menschen. Befugnis des Leistungserbringers zur Stellung von Überprüfungsanträgen für den Leistungsberechtigten. Sonderrechtsnachfolge gemäß § 19 Abs 6 SGB 12. Hilfe bei Krankheit. Begrenzung auf Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag nach § 44 SGB X kann grundsätzlich nur von dem Leistungsberechtigten selbst verfolgt werden. Selbst die aktive Übertragung von Sozialleistungsansprüchen durch einen Leistungsberechtigten greift grundsätzlich nicht in das Sozialrechtsverhältnis ein und verleiht insbesondere nicht die Verfahrensrechte des SGB X und des SGG (vgl LSG Halle vom 9.5.2019 - L 8 SO 17/17= juris Orientierungssatz 1).

2. Der Sozialhilfeträger ist nach § 97 Abs 4 SGB XII für die Erbringung stationärer Betreuung einem Behinderten gegenüber zuständig. Bei gesetzlich versicherten Hilfebedürftigen deckt sich der Inhalt der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII mit dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V. Ein darüber hinausgehender Anspruch, insbesondere im Sinne einer Art "Ausfallversicherung" bei einer bestandskräftigen Ablehnung von Leistungen durch die Krankenkasse, wird durch die Hilfe bei Krankheit nach dem SGB XII nicht begründet (vgl LSG Halle vom 9.5.2019 - L 8 SO 17/17 = juris Orientierungssatz 3.).

 

Orientierungssatz

Soweit im Rahmen des § 19 Abs 6 SGB 12 der Eintritt eines Einrichtungsträgers in das Sozialrechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Sozialhilfeträger spezialgesetzlich ermöglicht wird, gilt dies nur für die Rechtsposition als Träger der Einrichtung, nicht jedoch für sonstige Leitungserbringer, hier einen ambulanten Pflegedienst, die von diesem Träger betrieben werden.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 28. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Ihr werden auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin Vergütung für Leistungen der ambulanten Krankenpflege in Höhe von 7.267,70 € für den Zeitraum von Januar bis Juli 2009 verlangen kann.

Die Klägerin ist Trägerin einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe und hat im umstrittenen Zeitraum das Haus „D“ in M. betrieben. Der am ... 1947 geborene und am ... 2013 verstorbene H (Leistungsberechtigter) war seit dem 19. Dezember 2000 Bewohner der durch die Klägerin betriebenen stationären Einrichtung. Er war bei der Beigeladenen gesetzlich krankenversichert. Der seit August 2001 bestellte Betreuer des Leistungsberechtigten kündigte den Heimvertrag zum 31. Juli 2009. Der Leistungsberechtigte zog ab dem 1. August 2009 in ein Pflegeheim nach B.

Die behandelnde Ärztin Dr. S. verordnete für den Leistungsberechtigten Leistungen der häuslichen Krankenpflege vom 1. bis zum 15. Juli 2007. Die Beigeladene teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 10. Juli 2007 mit, dass die Kosten der Verordnung (Insulininjektion, Arzneien verabreichen und überwachen, Medikamentengabe) in Höhe der vertraglich vereinbarten Sätze übernommen würden. Mit weiterem Schreiben der Beigeladenen an die Klägerin vom 24. Juli 2007 lehnte diese die Bewilligung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege ab, da zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen sei, dass bei dem Leistungsberechtigten ein besonders hoher Aufwand bestehe.

Am 27. Juli 2007 beantragte der Leistungsberechtigte selbst die Bewilligung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege bei dem Landkreis S und legte die Verordnung von Dr. S. vom 1. Juli 2007 vor. Der Landkreis S leitete den Antrag an die Stadt H. weiter, die diesen mit Bescheid vom 19. September 2007 für den Zeitraum vom 1. bis 15. Juli 2007 gegenüber dem Betreuer des Leistungsberechtigten ablehnte. Die Beigeladene lehnte weitere Leistungsanträge der Klägerin mit Schreiben vom 21. November 2007 und 25. Februar 2008 ab und verwies auf ihr Schreiben vom 24. Juli 2007. Die Stadt H. bewilligte dem Leistungsberechtigten (über seinen Betreuer) mit Bescheiden vom 11. November 2008 sowie vom 4. Februar und 14. Juli 2009 Leistungen der Eingliederungshilfe nebst ergänzenden Leistungen der Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) für die Monate Januar bis Juli 2009. Die Bescheide sind nach Aktenlage bestandskräftig geworden.

Am 23. Dezember 2013 hat die Klägerin in eigenem Namen bei dem Sozialgericht Halle Klage erhoben und die Vergütung von Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung in der Einrichtung für insgesamt sieben verschiedene Personen geltend gemacht. Der Anspruch ergebe sich aus § 24 Abs. 6 des Rahmenvertrages nach § 79 SGB XII. Danach sei der überörtliche Sozialhilfeträger verpflichtet, die Kosten für Krankenpflege nach Maßgabe des SGB XII gesondert zu vergüten. Die...

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