Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts. Sozialhilfe. Hilfe zum Lebensunterhalt. Einkommenseinsatz. Unterhalt. keine anfängliche Rechtswidrigkeit. Umdeutung in einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
Die Umdeutung eines angegriffenen Rücknahmebescheides in eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB 10 im Klage- und Berufungsverfahren ist rechtmäßig.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine teilweise Rücknahme der Bewilligung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und eine Erstattungsforderung in Höhe von 2.896,00 EUR.
Die am ... 1960 geborene Klägerin wurde im Frühjahr 2004 arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit lehnte den Antrag der Klägerin auf Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 7. April 2004 ab, da diese die erforderliche Anwartschaftszeit für diese Leistungen nicht erfüllte.
Nach der Abmeldebestätigung nach dem Meldegesetz vom 13. April 2004 zog die Klägerin am 1. April 2004 aus der Unterkunft im Haus ihrer Mutter, der Zeugin W., aus. Dorthin war sie aus dem Eigenheim (auf einem Grundstück von 498 m²), dessen Eigentümer sie und ihr damaliger Ehemann, der Zeuge K., waren, Ende des Jahres 2003 umgezogen. Nach der im Rahmen des Scheidungsverfahrens zwischen dem Klägerbevollmächtigten und dem Bevollmächtigten des Zeugen K. geführten Korrespondenz hielt die Klägerin das Ergebnis einer Begutachtung des Grundeigentums vom 30. Juni 2004 mit dem Ergebnis eines Verkehrswertes in Höhe von 32.500,00 EUR für unangemessen niedrig; vielmehr sei von einem Verkehrswert in Höhe von ca. 60.000 EUR auszugehen. Bei dem Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung habe ihr Sparbuch ein Guthaben von 3.200,00 EUR aufgewiesen; von diesem Geld habe sie in der Folgezeit ihren Lebensunterhalt bestritten.
Die Klägerin stellte (wohl am 31. März 2004) einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt bei der Verwaltungsgemeinschaft B.-H., die bis zum 31. Dezember 2004 im früheren Landkreis A.-St. (der seinerseits am 1. Juli 2007 u.a. im beklagten Landkreis aufging) für die Aufgaben des örtlichen Trägers nach dem BSHG herangezogen wurde. Auf dem unter dem 31. März 2004 unterzeichneten Antragsformular gab die Klägerin an, von dem Zeugen K. getrennt zu leben. Die Frage zu Unterhaltszahlungen ist nicht beantwortet (auch nicht durch Strichzeichen, wie bei den meisten anderen verneinten Punkten). Vorhandenes Vermögen (auch Grundvermögen) ist auf dem Formular nicht angegeben. Im Rahmen der Antragstellung legte die Klägerin auch Kontoauszüge für ihr Girokonto vor.
Die Verwaltungsgemeinschaft B. (Sozialamt) gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 6. Mai 2004 laufende Leistungen nach dem BSHG ab dem 1. April 2004 in Höhe von 382,88 EUR monatlich und einen Mietzuschuss nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) in Höhe von 92,00 EUR monatlich. Im Rahmen des Punktes "Allgemeine Hinweise" wird in dem Bescheid die Verpflichtung des Hilfeberechtigten nach den für die bewilligten Leistungen maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen angesprochen, alle Änderungen von Tatsachen, die für die Hilfegewährung maßgebend sind, dem Sozialamt unverzüglich mitzuteilen.
Wohl in der Annahme einer Bevollmächtigung des das Scheidungsverfahren der Klägerin führenden Klägerbevollmächtigten auch für die Angelegenheiten des Sozialhilfebezugs übersandte die Verwaltungsgemeinschaft diesem in der Anlage des Schreibens vom 11. Mai 2004 das an die Klägerin gerichtete Anschreiben unter demselben Datum. Darin wird darauf hingewiesen, die Inanspruchnahme vorrangig Unterhaltsverpflichteter sei noch nicht abschließend geklärt; der Sozialhilfeträger erbringe die Sozialleistungen von Beginn der Sozialhilfebedürftigkeit an bis auf weiteres entsprechend § 16 SHR Randz. 2.3 unter dem Vorbehalt des Aufwendungsersatzes, da die Angelegenheit bezüglich der Klärung von Unterhaltszahlungen vorrangig Unterhaltsverpflichteter zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sei. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache könnten die Einkommensverhältnisse nicht eindeutig geprüft werden. Die Klägerin könne daher nicht darauf vertrauen, dass ihr die Sozialhilfe als verlorener Zuschuss belassen werde. Jegliche Unterhaltszahlungen während des Zeitraums des Sozialhilfebezuges seien daher unverzüglich bei dem Sozialhilfeträger anzugeben und nach vorheriger Absprache an diesen zu erstatten.
Die Verwaltungsgemeinschaft gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 23. November 2004 im Übrigen eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 60,00 EUR und stellte die Bewilligung der laufenden Leistungen sodann mit Bescheid vom 23. November 2004 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 - vor dem Hintergrund des Wechsels in der Zuständigkeit der Sozialleistungsträger - ein. Mit Schreiben vom 10. Juli 2006 verwies der Landkreis A.-St. als örtlicher Sozialhilfeträger auf bei der Aktenarchivierung auf...