Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Betriebskosten eines Hilfsmittels. Kostentragung. Ladestrom. Elektrorollstuhl
Orientierungssatz
1. Nach den für die gesetzliche Krankenversicherung entwickelten Grundsätzen (vgl BSG vom 6.2.1997 - 3 RK 12/96 = SozR 3-2500 § 33 Nr 24 und BSG vom 14.9.1994 - 3/1 RK 56/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 11) gilt auch für die gesetzliche Unfallversicherung, dass die Bereitstellung von Hilfsmitteln gem §§ 26, 31 SGB 7 die Kostenübernahme für deren Energieversorgung (hier: Ladestromkosten für einen Elektrorollstuhl) umfasst.
2. Zu den durch die Verletztenrente auszugleichenden Schäden gehören nicht die Mehrkosten für den Betrieb von Hilfsmitteln. Mit den Mehraufwendungen, die durch die Unfallrente abgedeckt werden, sind nur die wirtschaftlichen Aufwendungen gemeint, die nicht ohnehin nach anderen Vorschriften im Rahmen der Heilbehandlung getragen werden.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Unfallkasse gemäß § 31 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuch (SGB VII) auch die Kosten für den Strom zum Wiederaufladen des Akkumulators (Akkus) im Elektrorollstuhl des Klägers zu tragen hat.
Der ... 1982 geborene Kläger erlitt am 10. 06. 1998 bei einer Schulwanderfahrt einen Badeunfall. Dabei brach der 5. Halswirbelkörper, was unterhalb von C 5 zu einer kompletten Querschnittslähmung und zu einer Blasen- und Mastdarmlähmung führte.
Die Beklagte erkannte den Unfall als Schulunfall an. Sie bewilligte mit Bescheid vom 14. 01. 1999 eine Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H. Der Kläger wurde gemäß §§ 26, 31 SGB VII mit einem Elektrorollstuhl einschließlich Akkus mit einem Kostenvolumen von 23.732,70 DM versorgt.
Nach einer Zeitungsnotiz über eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes bezüglich der Übernahme von Ladestromkosten in der gesetzlichen Krankenversicherung stellte der Kläger durch seinen Vater am 16. Juni 1999 einen Antrag bei der Beklagten zur Übernahme der Ladestromkosten.
Mit Bescheid vom 24. 6. 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Kosten für den Unterhalt der Hilfsmittel selbst zu tragen. Im übrigen verwies die Beklagte darauf, dass die zitierte Entscheidung nur das Krankenversicherungsrecht betreffe.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 18. 7. 1999 Widerspruch durch seinen gesetzlichen Vertreter. Er wies darauf hin, dass die Krankenkasse die Kosten nicht übernehme und die Unfallkasse für die gesamte Abwicklung des Unfalls zuständig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. 9. 1999 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Im Gegensatz zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seien im Unfallversicherungsrecht die Kosten für die Unterhaltung und den Betrieb eines elektrischen Rollstuhls durch den Versicherten zu tragen. Die gewährte Verletztenrente enthalte zugleich einen pauschalen Ausgleich für den durch den Gesundheitsschaden auftretenden Mehrbedarf. Hierzu gehörten auch die Betriebskosten eines Elektrorollstuhls.
Hiergegen hat der Kläger durch seinen gesetzlichen Vertreter am 28. 9. 1999 Klage erhoben. Dabei verwies er darauf, dass der elektrische Rollstuhl ohne die ständige Stromzufuhr nicht benutzbar wäre.
Das Sozialgericht Stendal hat der Klage mit Urteil vom 9. 6. 2000 stattgegeben. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, die Betriebskosten stellten keinen behinderungsbedingten Mehrbedarf dar, den die Verletztenrente ausgleichen wolle. Dies zeige schon der Vergleich zwischen Versicherten, denen ein Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werde, mit solchen, die kein Hilfsmittel benötigten. Würden die Betriebskosten des Hilfsmittels von der Rente zu tragen sein, entstünde eine Ungleichbehandlung zwischen diesen beiden Personengruppen.
Gegen das am 18. 8. 2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. 9. 2000 Berufung eingelegt. Sie verweist darauf, dass die Betriebskosten von Hilfsmitteln im Recht der Unfallversicherung anders zu behandeln seien als im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Unfallversicherungsrecht bestehe ein Anspruch auf alle geeigneten Mittel einschließlich berufsfördernder, sozialer und ergänzender Leistungen zur Rehabilitation. Dieser Leistungskatalog sei umfassender als im Krankenversicherungsrecht, wo nur die notwendigen Maßnahmen erfasst seien. Daneben vertieft die Beklagte die Argumentation, dass die Betriebskosten aus der Verletztenrente zu tragen seien. Die Verletztenrente enthalte auch einen Anteil, der dem Ausgleich eines behinderungsbedingten Mehrbedarfes diene. Dies zeige sich bei den Anrechnungsvorschriften beim Zusammentreffen der Verletztenrente mit anderen Geldleistungen aus anderen Sozialleistungsbereichen. So werde etwa beim Zusammentreffen mit einer Rente der Anteil, der einer Grundrente nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (BVG) entspreche, von der Anrechnung ausgenommen. Gegen das Argument der Ungleichbehan...