Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsminderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein Versicherter in die Gruppe der Angelernten des oberen Bereichs nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts einzuordnen, ist er sozial zumutbar auf die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte verweisbar.

2. Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte ist auch gesundheitlich zumutbar, wenn der Versicherte alle zwei Stunden die Toilette aufsuchen muss, keine Harnentleerungsstörungen vorliegen und der Toilettengang innerhalb von weniger als 15 Minuten stattfinden kann.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind zwischen den Beteiligten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.

Der 1955 geborene Kläger begann nach dem Schulbesuch der POS bis zur Zehnten Klasse am 1. September 1971 eine Lehre als Maurer, die er nach der verletzungsbedingten Erblindung des linken Auges am 2. Oktober 1972 aufgrund der damit verbundenen funktionellen Einäugigkeit abbrach. Nach seinen Angaben war er danach bis Dezember 1977 als Betonbauarbeiter, von Januar 1978 bis Dezember 1980 als Produktionsarbeiter und von Januar 1981 bis August 1983 als Maschinist für Kraftwerksanlagen beschäftigt. Im Rahmen einer Erwachsenenqualifikation erlangte er am 17. Februar 1983 den Facharbeiterbrief als Maschinist für Anlagen und Geräte. Nach seinen Angaben war er sodann von September 1983 bis Juni 1991 als Maschinist im Heizwerk tätig. Während dieser Zeit erwarb er am 4. Dezember 1987 nach bestandener Abschlussprüfung im Anschluss an eine vom 7. September bis 4. Dezember 1987 durchgeführte Qualifizierung die Befähigung zur Bedienung überwachungspflichtiger Kesselanlagen der Gruppe HD. Von Juli 1991 bis August 1992 war der Kläger dann selbstständig im Handel tätig und von August 1992 bis Januar 1993 arbeitslos, bevor er von Februar bis zum 21. August 1993 als Wachmann arbeitete. Er war dann vom 23. August 1993 bis März 1997 erneut als Bauarbeiter beschäftigt und nochmals von April bis Dezember 1997 arbeitslos. Vom 15. Dezember 1997 bis zum 6. Oktober 2005 war der Kläger schließlich als Maschinenhelfer bzw. Maschinenführer einer Vulkanisierpresse für Gummifördergurte bei der F. F. GmbH B. beschäftigt. Bereits ab dem 9. April 2004 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 21. Mai bis 11. Juni 2004 erhielt er Übergangsgeld und vom 12. Juni 2004 an Krankengeld. Vom 7. Oktober 2005 an bezog er Leistungen der Arbeitsverwaltung. Seitdem erhält er keine Sozialleistungen mehr.

Am 16. Juni 2004 beantragte der Kläger die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Wegen eines am 9. April 2004 erlittenen Vorderwandherzinfarktes und einer seit Oktober 1972 bestehenden funktionellen Einäugigkeit sei seine Erwerbsfähigkeit eingeschränkt. Die Beklagte zog zunächst die Unterlagen des Rehabilitationsverfahrens bei. Ausweislich des Entlassungsberichtes der Rehabilitationsklinik E.-S. GmbH B. vom 20. Juli 2004 über die vom 13. Mai bis 11. Juni 2004 durchgeführte Anschlussheilbehandlung waren dort als Diagnosen eine koronare Ein-Gefäßerkrankung bei Zustand nach Vorderwandinfarkt am 9. April 2004, der Verdacht auf eine Lungenembolie sowie eine arterielle Hypertonie und eine Amaurosis links gestellt worden. Im Verlaufe der Rehabilitationsmaßnahme sei die Belastbarkeit im Rahmen der Fahrradergometrie von 75 auf 100 Watt gesteigert worden. Der Abbruch sei wegen muskulärer Erschöpfung ohne Angina pectoris oder Herzrhythmusstörungen erfolgt. Nachdem der Kläger bei der Entlassung aus dem Akutkrankenhaus noch unter Ängsten gelitten habe, habe er sich bei der Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme stabil gefühlt. Mnestische Störungen hätten nicht vorgelegen. Unter der Voraussetzung, dass die weitere Rekonvaleszenz komplikationslos verlaufe, werde von einer stufenweisen Eingliederung in den alten Beruf ausgegangen. Für die Tätigkeit als Anlagenfahrer mit dem Tragen von schweren Lasten sei der Kläger zukünftig allenfalls unter drei Stunden täglich einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er leichte bis mittelschwere Arbeiten zeitweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten über 15 kg sollte in den nächsten sechs Monaten vermieden werden. Arbeiten bei großer Hitze sowie mit Verletzungsgefahr seien zu vermeiden; Letzteres wegen der durchgeführten Falithrombehandlung. Auch Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an das Sehvermögen seien zu vermeiden.

Die Beklagte holte ferner einen Befundbericht des Augenarztes Dr. B. vom 24. August 2004 ein. Danach habe der Kläger am 2. Oktober 1972 eine Verletzung des linken Auges bei der Explosion einer Gasflasche erlitten. 1987sei das Auge infolge einer Windenblütenablatio (Netzhautablösung) erblindet. Im weiteren Verlauf sei es zu chronisch rezivi...

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