Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Nacherhebung rückständiger Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch den Rentenversicherungsträger
Leitsatz (amtlich)
Die §§ 44 ff SGB X finden in den Fällen des § 255 Abs 2 S 1 SGB V keine Anwendung.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl LSG Halle vom 12.12.2013 - L 1 R 107/13 = juris RdNr 15.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte zu Recht eine Überzahlung der Rente der Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2012 wegen nicht einbehaltener Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung festgestellt hat.
Am 28. Oktober 2009 kündigte die am ... 1958 geborene Klägerin ihre Mitgliedschaft bei der Sch. BKK zum 31. Dezember 2009. Ihr Ehemann beantragte am 26. Oktober 2009 die Aufnahme zur Beigeladenen zu 1. mit der Klägerin als Familienversicherter. Die Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1. sollte zum 1. Januar 2010 wirksam werden.
Aufgrund eines Anerkenntnisses in einem beim Sozialgericht Dessau-Roßlau geführten Klageverfahren (S 1 R 565/09) gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22. September 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer mit einem rückwirkenden Rentenbeginn am 1. Dezember 2007. Dabei wurde bei der laufenden Zahlung ab 1. November 2010 der Beitragsanteil der Klägerin zur Krankenversicherung in Höhe von 56,41 EUR sowie der Beitrag der Klägerin zur Pflegeversicherung in Höhe von 13,92 EUR abgezogen, wobei dem Bescheid zu entnehmen ist, dass die Beklagte auch für Zeit ab 1. Januar 2010 von der Sch. BKK als Versicherungsträger der Klägerin ausging. Im Rahmen eines am 7. Oktober 2010 eingelegten Widerspruchs gegen diesen Bescheid, den die - anwaltlich vertretene - Klägerin später (am 28. Januar 2011) zurücknahm, teilte sie der Beklagten mit, dass sie seit dem 1. Januar 2010 bei der Beigeladenen zu 1. familienversichert sei. Insoweit sei es nicht erklärlich, dass auch für diesen Zeitraum Beiträge an die BKK abgeführt werden sollten. Es werde insoweit um Korrektur gebeten. Mit Schreiben vom 15. Februar 2011 sowie Erinnerung vom 16. Mai 2011 bat die Beklagte die Beigeladene zu 1. um dringende maschinelle Übermittlung des Kassenwechsels. Die Beigeladene zu 1. übersandte der Beklagten mit Fax vom 16. Juni 2011 schließlich einen maschinellen Datensatz. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt II 4 und II 5 von Band I der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juni 2011 die Rente neu und zog für den Zeitraum ab Januar 2010 keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab. Sie stellte auch diesen Bescheid der Klägerin über ihre Bevollmächtigte zu. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 zahlte sie monatlich 721,20 EUR. Die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2011 in Höhe von 1.278,84 EUR überwies sie auf das Konto der Klägerin.
Mit Meldedatensatz vom 20. Dezember 2011, verarbeitet am 22. Dezember 2011, bat die Beigeladene zu 1. die Beklagte, ihren Datenbestand im Hinblick auf den Kassenwechsel zum 1. Januar 2010 zu korrigieren und eine neue Meldung mit Beitragsabführung zu erstellen. Die Beklagte reagierte hierauf nach Aktenlage zunächst nicht. Am 7. Mai 2012 bat die Beigeladene zu 1. die Beklagte telefonisch um Überprüfung. Die Klägerin sei seit Januar 2010 versicherungspflichtig, von der Beklagten würden aber keine Beiträge abgeführt. Daraufhin berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2012 die Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Januar 2010 neu. Für die Zeit ab dem 1. Juli 2012 zahlte sie monatlich 662,63 EUR. Im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2012 habe sich eine Überzahlung in Höhe von 2.157,24 EUR ergeben. Zur Begründung führte sie aus, für die Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sei ein anderer Beitragssatz zu berücksichtigen oder es bestehe nach Mitteilung der Krankenkasse der Klägerin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. in der sozialen Pflegeversicherung. Die genannte Änderung führe dazu, dass die bisher von der Klägerin nicht geleisteten Beiträge bzw. Anteile an den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung auch rückwirkend von der Rente einzubehalten seien. Diese Beitragspflicht entstehe kraft Gesetzes und unabhängig davon, ob die Klägerin gewusst habe, dass aus der Rente Beiträge einzubehalten gewesen seien. Es sei vorgesehen, die Überzahlung aufgrund der rückständigen Beiträge bzw. Beitragsanteile für die Kranken- und Pflegeversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Diese Einbehaltung sei nach § 255 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V), § 60 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) i.V.m. § 51 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (Allgemeine...