Orientierungssatz

1. Nur wenn die Meldeaufforderung zu einem der in § 309 Abs 2 SGB 3 abschließend aufgeführten Zwecke ergeht, kann die Nichtbefolgung eine Säumniszeit iS des § 145 SGB 3 auslösen.

2. Wird in einer Meldeaufforderung ausgeführt, dass mit dem Arbeitslosen ein Gespräch über sein Bewerberangebot bzw seine berufliche Situation geführt werden soll und dass er darüber hinaus nochmals zu den Gründen für seine Nichtteilnahme an einer konkreten, ihm vorgeschlagenen Trainingsmaßnahme gehört werden solle, so entspricht die Meldeaufforderung keinem der in § 309 Abs 2 SGB 3 aufgeführten Zwecke der allgemeinen Meldepflicht. Ein Rückgriff auf die allgemeine Zweckbestimmung ist unzulässig, wenn die Aufforderung im Rahmen eines speziellen Verwaltungsverfahrens ergeht und dazu dient, die Voraussetzungen für eine Sperrzeit nach § 144 Abs 1 SGB 3 zu prüfen.

3. An die Begründung der Meldeaufforderung, die als Verwaltungsakt die allgemeine Mitwirkungspflicht für den Einzelfall konkretisiert, sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht, wenn erkennbar wird, dass die Aufforderung einem der in § 309 Abs 2 SGB 3 genannten Zwecke dienen soll. Eine Konkretisierung kann im persönlichen Gespräch erfolgen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Säumniszeit- und Aufhebungsbescheides der Beklagten, mit dem diese die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Kläger mit Wirkung vom 16. Februar 2002 befristet für mindestens sechs Wochen aufgehoben hat.

Der ... 1960 geborene Kläger hat ein Ingenieurstudium absolviert und arbeitete als Konstrukteur. Anfang Februar 1997 wurde er arbeitslos. Nach vorangegangenem Bezug von Arbeitslosengeld und Unterhaltsgeld bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 2. Juli 2000 Arbeitslosenhilfe. Ab dem 2. Februar 2002 erhielt der Kläger Arbeitslosenhilfe in Höhe von täglich 25,98 DM bzw. wöchentlich 181,96 DM.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2002 forderte die Beklagte den Kläger auf, am 13. Februar 2002 um 14.00 Uhr bei einem privaten Bildungsträger zu erscheinen. Ziel dieses Termins sollte die Information über eine Trainingsmaßnahme "Erstellung personeller und fachlicher Kompetenzprofile für Akademiker" sein, an der der Kläger vom 18. Februar bis zum 26. April 2002 teilnehmen sollte. Daraufhin sprach der Kläger am 12. Februar 2002 bei der für ihn zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten auf dem Arbeitsamt in Bitterfeld vor und teilte sinngemäß mit, er lege Wert auf eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Qualifizierungsmaßnahme. An einer Maßnahme, die unter seiner Qualifikation liege, müsse er nicht teilnehmen. Er weigerte sich anlässlich des Gesprächs, eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen der Nichtteilnahme an der ihm angebotenen Trainingsmaßnahme entgegen zu nehmen.

Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom Tage seiner Vorsprache auf dem Arbeitsamt, dem 12. Februar 2002, auf, am 15. Februar 2002 zu einem Gespräch auf dem Arbeitsamt zu erscheinen. Eingangs des Schreibens findet sich der Satz: "Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre berufliche Situation sprechen." Weiter wird ausgeführt: "Zwecks nochmaliger Anhörung zur Teilnahme an unterbreiteter TM" (gemeint war die Trainingsmaßnahme). Das Schreiben enthielt ferner den Hinweis: "Dies ist eine Einladung nach § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Beachten Sie bitte unbedingt auch die Rechtsfolgenbelehrung und die weiteren Hinweise auf der Rückseite." Der Kläger erschien am 15. Februar 2002 nicht auf dem Arbeitsamt.

Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 19. Februar 2002 mit, weil er trotz Rechtsfolgenbelehrung nicht der Einladung zum Gespräch am 15. Februar 2002 gefolgt sei und auch keinen wichtigen Grund mitgeteilt habe, würden die Leistungen vorläufig eingestellt. Er erhalte Gelegenheit sich hierzu zu äußern. Weiter forderte die Beklagte den Kläger auf, nun am 25. Februar 2002 auf dem Arbeitsamt zu erscheinen. Als Zweck war angegeben: "Ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot und Ihre berufliche Situation sprechen". Im Schreiben war der Hinweis enthalten, dass es sich um "eine Einladung nach § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)" handele und die Rechtsfolgenbelehrung auf der Rückseite zu beachten sei. Auf der Rückseite des Schreibens wurden – wie auch schon auf der Rückseite des Schreibens vom 12. Februar 2002 – die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen bei einmaligem oder wiederholtem Meldeversäumnis genannt. Wegen des genauen Inhalts der Rechtsfolgenbelehrung wird auf die Rückseite von Blatt 115 der Gerichtsakte Bezug genommen. Der Kläger nahm auch den Termin am 25. Februar 2002 nicht wahr.

Mit "Säumniszeit- und Aufhebungsbescheid" vom 28. Februar 2002 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Kläger mit Wirkung vom 16. Februar 2002 auf. In den Gründen führte sie aus: Der Kläger sei der Aufforderung, sich am 15. Februar 2002 zu melden und (sich) an einem zweiten, innerhalb von zwei Woc...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge