Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. nicht erforderlicher Umzug. Begrenzung der Unterkunftskosten auf die früheren Kosten. Überwindung der Hilfebedürftigkeit für einen Monat durch Einkommenserzielung zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses. rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung
Leitsatz (amtlich)
Die Begrenzungsregel des § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 nach einem nicht erforderlichen Umzug auf die früheren Kosten der Unterkunft (KdU) gilt nur für SGB 2-Leistungsberechtigte. Maßgeblich ist nicht der faktische Leistungsbezug, sondern das Bestehen eines materiellen Leistungsanspruchs. Hat ein Leistungsbezieher im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags für die neue Wohnung aufgrund der Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens für mindestens einen Monat die Hilfebedürftigkeit aus eigener Kraft überwunden, ist er damit aus dem Leistungsbezug ausgeschieden, auch wenn die Leistungsbewilligung erst später rückwirkend aufgehoben wird. Mit erneuter Hilfebedürftigkeit beginnt ein neuer Leistungsfall, in dem Leistungen für die KdU nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu gewähren sind. § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 ist dann nicht anwendbar.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um die Höhe der nach einem Umzug im Zeitraum von September 2007 bis Januar 2008 zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU).
Die 1953 und 1954 geborenen Kläger zu 1 und 2 sind Eheleute und lebten mit ihrer am ... 1989 geboren Tochter, der Klägerin zu 3, in einer 89 qm großen Wohnung in M.-O. Die monatliche Gesamtmiete belief sich zuletzt auf 418,70 EUR und setzte sich zusammen aus einer Kaltmiete iHv 257,64 EUR, Vorauszahlungen auf die Betriebskosten iHv 81,76 EUR und auf die Heizkosten (einschließlich Warmwasser) iHv 71,30 EUR sowie einer Antennen-/Kabelgebühr von 8 EUR. Die Familie bezog seit 2005 zumeist ergänzende SGB II-Leistungen. Im Weiterbewilligungsantrag vom 5. Februar 2007 gaben die Kläger an, derzeit beziehe der Kläger zu 2 Alg I-Leistungen iHv monatlich 474,94 EUR und die Klägerin zu 3 Kindergeld iHv 154. An Kfz-Haftpflichtversicherungsbeiträgen waren im Jahr 2007 monatlich 23,18 EUR und 30,98 EUR zu zahlen. Für eine private Rentenversicherung waren ein monatlicher Beitrag iHv 5 EUR durch die Klägerin zu 1 und iHv 8 EUR durch den Kläger zu 2 zu leisten.
Mit Bescheid vom 7. Februar 2007 bewilligte der Beklagte SGB II-Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2007, u.a. für Juni bis August 2007 iHv insgesamt 1.181,44 EUR monatlich.
Der Kläger zu 2 nahm im April 2007 eine befristete Erwerbstätigkeit bei einer P. GmbH als Kfz-Schlosser auf. Neben dem im Folgemonat fälligen Grundstundenlohn wurden eine Zulage bei Kundeneinsatz, ein pauschalierter Verpflegungsmehraufwand von 13 EUR, ein wöchentliches Fahrgeld iHv 50 EUR sowie Übernachtungskosten iHv 15 EUR gezahlt.
Daraufhin senkte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 18. April 2007 die Leistungsbewilligung für den Monat Mai 2007. Nachdem die Kläger die Gehaltsabrechnungen für April und Mai 2007 vorgelegt und ergänzend erklärt hatten, der Kläger zu 2 müsse 14-tägig jeweils 569 km zur Arbeitsstätte fahren, änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 20. Juni 2007 die Leistungsgewährung für die Monate Mai bis August 2007 erneut vorläufig ab.
Am 25. Juni 2007 zeigte die Klägerin zu 1 an, sie nehme ab 1. Juli 2007 ein aus Mitteln des europäischen Sozialfonds gefördertes Praktikum auf, für das ein am Monatsletzten fälliges Entgelt gezahlt werde. Das im Juli 2007 erzielte Bruttoarbeitsentgelt iHv 900 EUR führte nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen iHv insgesamt 186,10 EUR zu einem Nettoentgelt iHv 713,90 EUR. Im August 2007 wurden vom Bruttoentgelt iHv 950 EUR insgesamt 202,60 EUR an Sozialversicherungsbeiträgen abgezogen, sodass 747,40 EUR ausgezahlt wurden.
Im Juni 2007 erzielte der Kläger zu 2 ein Gesamtbrutto von 2.336,29 EUR aus. Darin waren steuerfreie Bezüge von insgesamt 764 EUR (Verpflegungsmehraufwendungen iHv 234 EUR, Übernachtungspauschalen iHv insgesamt 280 EUR sowie Fahrtkosten iHv 250 EUR) enthalten. Vom steuerpflichtigen Betrag iHv 1.572,29 EUR wurden Steuern iHv insgesamt 147,73 EUR und Sozialversicherungsbeiträge iHv 341,19 EUR abgeführt. Ein Betrag von 1.847,37 EUR wurde ausgezahlt. Im Juli 2007 ergab sich ein Bruttoentgelt von 2.383,97 EUR inklusive steuerfreie Zulagen iHv 780 EUR. Vom steuerpflichtigen Betrag (1.603,97 EUR) gelangten nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (insgesamt 505,79 EUR) 1.098,18 EUR zur Auszahlung.
Unter dem 28. Juni und 18. Juli 2007 erließ der Beklagte weitere Änderungsbescheide zur Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2007 sowie unter dem 15. August 2007 den Widerspruchsbescheid für die Z...