Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zuständigkeit unterschiedlicher Sozialleistungsträger bzw Rehabilitationsträger für die Versorgung eines behinderten Menschen mit einem Treppenlift. ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis

 

Orientierungssatz

1. Zur Abgrenzung der Zuständigkeit unterschiedlicher Sozialleistungsträger bzw Rehabilitationsträger für die Versorgung mit einem Treppenlift.

2. Eine Versorgung mit einem Treppenlift kann nur eine Leistung zur Teilhabe iS des § 33 SGB 9 sein, wenn ein ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht.

3. Der Umbau eines Hauses, der es dem behinderten Menschen überhaupt erst ermöglicht, sein Haus selbstständig zu verlassen, stellt eine Maßnahme der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dar (vgl LSG Neustrelitz vom 19.11.2015 - L 9 SO 42/14).

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die Erstattung von Kosten eines Treppenliftes weiter.

Bei dem am ... 1958 geborenen Kläger ist seit dem 16. Oktober 2012 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen "B", "G", "aG" und "H" festgestellt (Bescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 26. November 2012), nachdem er als Folge einer spinalen Ischämie eine spontane akute Querschnittslähmung unterhalb des Brustwirbelkörpers 12 erlitt.

Der Kläger absolvierte von 1979 bis 1984 ein Studium an der Technischen Hochschule M. in der Fachrichtung Fertigungsprozessgestaltung und von 1986 bis 1988 ein Postgradualstudium in der Fachrichtung Produktionsprozesssteuerung. Er erwarb die Studienabschlüsse "Diplom-Ingenieur für Technologie der metallverarbeitenden Industrie" und "Fachingenieur für Produktionsprozesssteuerung". Seit April 2009 ist er bei der T. K. P. S. Tec Sch. GmbH als Reklamationsmanager im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses versicherungspflichtig beschäftigt. Er lebt mit seiner Ehefrau in einem Eigenheim im Harz. Der Hauptzugang zum Haus befand sich auch vor der Erkrankung des Klägers ebenerdig unter der Überdachung des Carports. Die Außentreppe zur ursprünglichen Haustür des Gebäudes wurde nicht genutzt. Nach seinen Angaben pendelt der Kläger zurzeit arbeitstäglich von seinem Wohnsitz im Harz mit dem Pkw nach Sch ... Medizinische Therapien nehme er grundsätzlich am Arbeitsplatz wahr.

Der Kläger beantragte erstmalig am 26. November 2012 bei dem beklagten Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Kraftfahrzeughilfe, Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen, die behinderungsbedingt zur Berufsausübung erforderlich seien. Dem Antrag beigefügt war ein Angebot der H. L. H. + R. GmbH vom 7. Dezember 2012 über einen Treppenlift mit einer halben Stahl-/ Glastür für den Innenbereich zu einem Gesamtpreis einschließlich Mehrwertsteuer (MWSt.) in Höhe von 25.000,00 EUR.

Nach Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vom 14. Dezember 2012 bis zum 22. Februar 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger u.a. die Kostenübernahme für einen höhenverstellbaren Schreibtisch bis zu 1.000,00 EUR (Bescheid vom 5. April 2013), für einen Aufrichtrollstuhl in Höhe von 9.554,71 EUR nebst Armauflagen zu 180,00 EUR (Bescheid vom 13. Mai 2013) und für einen behindertengerechten Toilettenumbau am Arbeitsplatz in Höhe von 12.885,09 EUR (Bescheid vom 30. Juli 2013). Das Integrationsamt des Landes Sachsen-Anhalt bewilligte dem Kläger einen Zuschuss für die behindertengerechte Gestaltung seines Arbeitsplatzes in Höhe von 52.970,00 EUR (Bescheid vom 12. Juni 2013), für den die Beklagte im Rahmen eines Erstattungsverlangens in Anspruch genommen wurde. Von der Bezuschussung war insbesondere ein Aufzug für das Betriebsgebäude der Arbeitgeberin des Klägers erfasst.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für einen Treppenlift mit Bescheid vom 11. Februar 2013 ab. Sie könne - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (§§ 10, 11 und 12 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI)) - nach § 33 Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX) nur eine durch die Berufsausübung bzw. zum Erreichen des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage fördern. Hilfen, die auch ohne Arbeitsbezug zwingend zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung eines behinderten Menschen gehörten, die Verbesserung der Lebensqualität bewirkten oder sogar elementare Grundbedürfnisse befriedigten, seien Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und könnten unter bestimmten Voraussetzungen vom Sozialhilfeträger erbracht werden.

Ungefähr im März/April 2013 erfolgte der Einbau eines Treppenliftes. Dem Senat ist erst am 4. Dezember 2017 die Rechnung der H. L. H. + R. GmbH vom 23. April 2013 über einen Gesamtbetrag einschließlich MWSt. in Höhe von 25.000,00 EUR übersandt worden. Aus dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 geht hervor, dass von dem Kläger ...

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