Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des Rentenversicherungsträgers an die Feststellungen in der Rehabilitierungsbescheinigung nach dem BerRehaG
Orientierungssatz
Auf Grund der in § 17 BerRehaG normierten ausschließlichen Zuständigkeit der Rehabilitierungsbehörde für die Bewertung von Verfolgungszeiten fehlt eine gesetzliche Norm, die einen Rentenversicherungsträger zur Überprüfung und gegebenenfalls geänderten Einstufung der Verfolgungszeiten ermächtigte. § 22 Abs 3 BerRehaG legt vielmehr ausdrücklich fest, dass die Träger der Rentenversicherung an die in der Bescheinigung enthaltenen Feststellungen gebunden sind.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die rentenrechtliche Bewertung von Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz.
Der ... 1932 geborene Kläger hatte nach einer Ausbildung zum Verwaltungsangestellten vom 1. September 1947 bis 31. August 1950 im Gebiet der ehemaligen DDR bis zum 31. Dezember 1950 bei der Sozialversicherungskasse Blankenburg und ab 29. März 1951 bis 31. Januar 1952 als Finanzamtsangestellter gearbeitet. Im Anschluss nahm er ab 4. Februar 1952 ein Studium der Pädagogik am Pädagogischen Institut H auf. Dieses Studium wurde am 26. Juni 1954 ohne Abschluss beendet. Nach Angaben des Klägers erfolgte die Beendigung des Studiums wegen schlechter Noten in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern sowie eines Prüfungsbetruges durch Mitstudenten, die ihm einen weiteren Verbleib am Pädagogischen Institut wenig aussichtsreich erscheinen ließen. Vom 1. Oktober 1954 bis 14. Dezember 1958 hielt sich der Kläger in der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland auf. Dort war er bei einem Arbeitgeberverband, den F-werken, der AOK, einem Versicherungsunternehmen sowie einer Firma CMC als Verwaltungsangestellter beziehungsweise in der letzten Tätigkeit als Auslieferungslagerist tätig gewesen.
Bei einem Weihnachtsbesuch im ehemaligen Heimatort wurde dem Kläger die Wiederausreise untersagt. Vom 1. bis 16. Januar 1959 war er als Lohnbuchhalter beim Konsumgenossenschaftsverband Kreis Q, vom 2. Februar bis 16. März 1959 als Hilfsarbeiter bzw. Tiefbauarbeiter tätig.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen staatsgefährdender Propaganda und Hetze wurde der Kläger am 19. März 1959 zunächst inhaftiert und ab 17. Juni 1959 bis 10. Januar 1961 in die Bezirksnervenklinik H eingewiesen. Weitere Aufenthalte in dieser Einrichtung erfolgten vom 9. März bis 13. Dezember 1963, vom 9. Juni 1965 bis 26. Juni 1968, vom 5. November bis 17. Dezember 1970, vom 7. Februar 1973 bis 26. März 1974 und vom 31. Juli 1975 bis 15. Januar 1976. Auf Grund eines Haftbefehles wurde der Kläger am 1. April 1986 inhaftiert und befand sich im Anschluss ab 25. Juli bis 16. Oktober 1987 wiederum in der genannten Einrichtung.
Der Kläger erhielt Invalidenrente ab 10. April 1959 bis 31. August 1961 und ab 1. April 1962. In der Zwischenzeit war er kurzfristig beschäftigt als Einkäufer, Lohnbuchhalter und Lagerhilfskraft. Während des weiteren Bezuges der Invalidenrente war er, unterbrochen durch die Aufenthalte in der Bezirksnervenklinik, unter anderem als Kontrolleur, Expedient, Sachbearbeiter, Maschinenwärter, Dieselmaschinenfahrer, Statistiker, Spuler, Lohnbuchhalter und Maschinenwärter tätig.
Mit Bescheid vom 29. November 1991 wurde die Invalidenrente zum 1. Januar 1992 nach § 307 a SGB VI in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewertet und angepasst. Mit Bescheid vom 3. November 1995 wertete die Beklagte die Invalidenrente unter Anrechnung weiterer Arbeitsjahre erneut zum 1. Januar 1992 um und passte diese an. Mit weiterem Bescheid vom 5. Februar 1998 wurde schließlich die umgewertete Invalidenrente unter Berücksichtigung des Verfahrens nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz ab 1. Januar 1992 neu berechnet. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Mit Beschluss der Bezirksgerichts Magdeburg, Senat für Rehabilitierungsverfahren vom 15. Juli 1992 wurden die im Zusammenhang mit den Einweisungen getroffenen Maßnahmen in den Zeiträumen vom 19. März 1959 bis 16. Oktober 1987 für unzulässig erklärt, der Kläger insoweit rehabilitiert und ihm wurde ein Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen für die freiheitsentziehenden Maßnahmen zugesprochen. Mit Bescheid vom 18. August 1995 erteilte das Regierungspräsidium Magdeburg eine Rehabilitierungsbescheinigung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz vom 23. Juni 1994 (BGBl. I, Seite 1311). Es erkannte den Kläger als Verfolgten im Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes mit einer Verfolgungszeit vom 17. Januar 1959 bis zum 2. Oktober 1990 an. Die Verfolgungszeit wurde der Qualifikationsgruppe 4 entsprechend der Anlage 13 zum SGB VI (Facharbeiter) zugeordnet. Die dagegen gerichtete Klage auf Einstufung der Verfolgungszeit in die Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg vom 26. Mai 1997 abgewiesen. Dieses führte aus, die berufliche Ausbildung des Klägers vor Beginn der Maßnahme staatlicher Verfolgung...