Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zwischen Krankenkasse und Krankenhaus. Aufrechnung mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung zulässig. Voraussetzungen für Gewährung von vollstationärer Krankenhausbehandlung. Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Krankenhausträger geht zu seinen Lasten. gerichtliche Überprüfung der Notwendigkeit. Verweigerung der Übersendung der Patientenunterlagen durch das Krankenhaus -Einschränkung der Amtsermittlungspflicht
Orientierungssatz
1. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch tritt bei öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen, zu denen die Beziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern im System der gesetzlichen Krankenversicherung gehören, an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB (vgl BSG vom 12.5.2005 - B 3 KR 18/04 R = SozR 4-5565 § 14 Nr 8).
2. Zwischen einer Krankenkasse und einem Krankenhaus ist die Aufrechnung mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung grundsätzlich zulässig, denn auch trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 SGB 1 besteht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Weg der Aufrechnung, auf die die §§ 387ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten.
3. Lässt sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung auf der Grundlage der bisher bekannten Tatsachen nicht feststellen, so geht dieser Mangel zu Lasten des Krankenhausträgers, der seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der Sachaufklärung nicht nachgekommen ist.
4. Die Weigerung eines Krankenhauses, die Patientenunterlagen zur Überprüfung der Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen iS der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 25.9.2007 - GS 1/06 an das Gericht zu übersenden, bedeutet eine Verletzung der Pflicht zur Mitwirkung bei der Ermittlung nach § 103 S 1 Halbs 1 SGG und führt zur Einschränkung der Amtsermittlungspflicht, da nur auf diesem Wege Informationen in das Verfahren eingebracht werden können, die weder anderen noch dem Gericht zur Verfügung stehen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 651,02 € festgesetzt.
Tatbestand
Umstritten ist die Zahlung von 651,24 € nebst Zinsen.
Die Klägerin ist Trägerin des G-A-Klinikums in Zeitz, das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der bei der Beklagten Versicherte K. K. (im Folgenden: der Versicherte) befand sich vom 14. bis 26 August 2002 (einem Montag) aufgrund der Einweisung der Dres. D wegen "Apoplexie" (Schlaganfall) in diesem Krankenhaus zur stationären Behandlung. Nach den Angaben des Krankenhauses in der Aufnahmeanzeige an die Beklagte sollte die stationäre Behandlung voraussichtlich bis zum Samstag, den 24. August 2002 dauern. Die Beklagte hat dafür am 2. August eine (nicht aktenkundige) unbefristete Kostenübernahmeerklärung abgegeben.
Das Krankenhaus stellte der Beklagten am 4. September 2002 insgesamt 2.605,26 € in Rechnung, die von der Beklagten zunächst in voller Höhe beglichen, am 18. September 2002 aber mit dem schriftlichen Vorbehalt der Rückforderung verknüpft wurde, falls sich bei einer medizinischen Überprüfung herausstellen sollte, dass die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nicht vorgelegen haben. Im Behandlungsfall des Versicherten lasse sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nicht vollständig nachvollziehen, da die stationäre Behandlung bis einschließlich Sonntag in Rechnung gestellt worden sei. Gleichzeitig bat die Beklagte "um Übersendung einer medizinischen Begründung bis zum 18. Januar 2002", damit eine zeitnahe Überprüfung möglich sei. Sollte bis zu diesem Zeitpunkt kein Eingang zu verzeichnen sein, werde davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht nachgewiesen ist. Der entsprechende Differenzbetrag werde dann von einer der nächsten Rechnungen einbehalten. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2002 teilte die Beklagte dem Krankenhaus mit, dass die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nicht nachgewiesen seien und der entsprechende Differenzbetrag in Höhe von 651,24 € von einer der nächsten Rechnungen einbehalten werde. Insgesamt stünde dem Krankenhaus aus dem Behandlungsfall eine Vergütung von 1.954,02 € zu. Das Krankenhaus stellte der Beklagten am 11. März 2003 u. a. wegen der Behandlung des Versicherten eine offene Forderung in Höhe von 651,24 € in Rechnung. Daraufhin forderte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten das Krankenhaus am 17. April 2003 erfolglos auf, zur abschließenden sozialmedizinischen Beurteilung den Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf der Behandlung zu übersenden.
Mit der am 1. Juli 2003 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von...