Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschubfinanzierung zur Förderung der integrierten Versorgung

 

Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Halle vom 17.3.2010 - L 4 KR 30/08, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.11.2010; Aktenzeichen B 1 KR 11/10 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 28. Februar 2007 wird dahingehend abgeändert, dass Zinsen erst ab 21. April 2005 zu zahlen sind. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 71.322,88 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Abzug nach § 140d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) für die Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung.

Die Klägerin betreibt das nach § 108 SGB V zur Krankenhausbehandlung zugelassene Kreiskrankenhaus B./W ... Mit Schreiben vom 7. April 2004 teilte die Beklagte dem Krankenhaus mit, dass sie nunmehr die technischen Voraussetzungen für den Abschlag für die integrierte Versorgung im Einsatz habe. Sie habe seit Beginn des Jahres Verträge zur integrierten Versorgung nach § 140a SGB V abgeschlossen und sei daher berechtigt, den Abschlag in Höhe von 1 % einzubehalten. Es werde gebeten, die Systeme kurzfristig umzustellen, andernfalls würden die entsprechenden Beträge automatisch durch die Beklagte gekürzt. Bereits gezahlte Rechnungen würden ab 1. Januar 2004 zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend gekürzt. Diese rückwirkende Kürzung für die Krankenhausfälle mit Aufnahmedatum vom 1. Januar 2004 bis 30. April 2004 in Höhe von 1 % setzte die Beklagte mit Schreiben vom 11. Februar 2005 nebst Einzelaufstellung der Kürzungsbeträge auf 71.322,88 EUR fest. Gegen dieses Vorgehen wendete sich die Klägerin mit Schreiben vom 22. Februar 2005, da ein rückwirkender Abzug nicht zulässig sei. Die Rechnungen seien ohne Vorbehalt gezahlt worden und der Abzug sei im Januar 2004 nicht angekündigt worden. Außerdem sei nicht ersichtlich, ob der Abzug in der angekündigten Höhe gerechtfertigt sei. Dennoch behielt die Beklagte den angekündigten Kürzungsbetrag am 23. Februar 2005 von der Sammelrechnung I 261500256 ein.

Die Klägerin hat am 21. April 2005 in Höhe des gekürzten Betrages Zahlungsklage beim Sozialgericht Dessau erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Abzug dürfe nicht rückwirkend für ungekürzt beglichene Rechnungen vorgenommen werden. Die Beklagte habe gewusst, dass sie einen Abzug gemäß § 140d SGB V hätte vornehmen können. Dennoch habe sie die Rechnungen zunächst ungekürzt beglichen. Darin sei ein Verzicht auf die Geltendmachung des Einbehaltes zu sehen und eine Anerkennung die jeweiligen Forderungen des Krankenhauses in voller Höhe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Beklagte daher an die ohne Vorbehalt erklärte Kostenzusage gebunden. Demgegenüber sei es unerheblich, dass möglicherweise die technischen Voraussetzungen für einen Abzug in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2004 noch nicht vorgelegen haben. Ferner ergebe sich aus den zum Stichtag des 1. Juni 2004 gemeldeten Verträgen zur integrierten Versorgung ein Abzug von höchstens 0,14 %, so dass allenfalls 9.985,20 EUR hätten gekürzt werden können. Rechnungskürzungen seien nämlich nur in dem Umfang erlaubt, der zur Finanzierung der bereits abgeschlossenen Integrationsverträge erforderlich sei, aber nicht grundsätzlich in Höhe von 1%. Aber auch die von der Beklagten angegebenen Werte von 0,14% bzw. 0,51% seien nicht nachvollziehbar und das Vorliegen von Verträgen, die die Voraussetzungen des § 140b SGB V erfüllten, werde insgesamt bestritten. Die Gemeinsame Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V bei der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS, im Folgenden: Registrierungsstelle) kontrolliere nicht die Angaben der Krankenkasse, sondern registriere lediglich die ihr gemeldeten Daten. Zur Überprüfung, inwieweit die Beklagte die gesetzlichen Bestimmungen einhalte, werde diese gebeten, die Integrationsverträge vorzulegen. Ferner hat die Klägerin auf die von ihr geteilte Rechtsansicht des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung hingewiesen, das mit Schreiben vom 20. April 2005 an die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V. ausgeführt hat, die Bundesregierung halte einen bereits abgeschlossenen Vertrag zur integrierten Versorgung zum Zeitpunkt des Einbehaltes der Mittel für erforderlich. Eine abschließende Klärung der Rechtslage sei den Gerichten vorbehalten. Zur Zinsforderung hat die Klägerin auf § 8 der Budget und Entgeltvereinbarung verwiesen. Die Einbehaltung der Rückforderungsbeträge sei mit einer "endgültigen und ernsthaften" Leistungsverweigerung vergleichbar. Daher befinde sich die Beklagte seit dem Einbehalt in Verzug.

Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, der Abzug sei in Höhe von 1% berechtigt gewesen. Von Januar bis April 2004 habe sie Verträge über die integrierte Versor...

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