Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit einer kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage. Feststellungsbegehren gegenüber dem beigeladenen Unfallversicherungsträger. gesetzliche Unfallversicherung. zuständiger Unfallversicherungsträger für Altfälle auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Übergangsrecht. Schülerunfall. sachlicher Zusammenhang. organisatorischer Verantwortungsbereich. Sportschule. Hochleistungssport. Deutscher Turn- und Sportverein
Orientierungssatz
1. Zur berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für Unfälle auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die vor dem 1.1.1991 eingetreten und nach diesem Stichtag, aber spätestens bis zum 31.12.1994, angezeigt wurden (hier: Unfall während eines in den Schulsportunterricht integrierten Trainings einer Hochleistungssportlerin des DTSB).
2. Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage gem § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, wenn die Feststellung des Versicherungsfalls gegenüber einer beigeladenen Berufsgenossenschaft hilfsweise begehrt wird.
3. Zum Vorliegen des Unfallversicherungsschutzes einer Schülerin einer Kinder- und Jugendsportschule in der ehemaligen DDR, wenn diese auch als Leistungskader einem dem Deutschen Turn- und Sportbund untergliederten Sportclub angehörte, während eines im Lehrplan der Sportschule integrierten Sporttrainings in der von der Schule mitgenutzten Sporthalle des Sportclubs.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. November 2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2000 aufgehoben und wird gegenüber der Beigeladenen zu 2) festgestellt, dass der Unfall vom 8. September 1981 ein Arbeitsunfall war. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Vorverfahren trägt die Beklagte ganz und diejenigen in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte und die Beigeladene zu 2) jeweils zu 1/3. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall.
Die ... 1963 geborene Klägerin, die im vierten Lebensjahr mit dem Turnen begonnen hatte, trainierte neben ihrem Schulbesuch ab 1970 in der Sektion Geräteturnen im damaligen Trainingszentrum B. Im Jahre 1974 wurde sie zum ehemaligen Sportclub C H (SC C) delegiert, dem sie als Leistungskader bis Ende Dezember 1981 angehörte. Ab September 1975 war sie Schülerin der Kinder- und Jugendsportschule "F-E" H (KJS), die sie am 30. Juni 1982 mit dem Abschlusszeugnis der allgemein bildenden Oberschule - Prädikat "Auszeichnung" - verließ.
Am 8. September 1981 gegen 13.00 Uhr stürzte die Klägerin während eines in den Stundenplan der KJS integrierten Trainings bei einem Flickflack in der Turnhalle des SC C, die von der KJS mitbenutzt wurde und sich zusammen mit deren Unterrichtsräumen und dem Schülerinternat sowie dem Leichtathletikstadion und der Schwimmhalle auf dem Gelände des Sportkomplexes in der R-K-Straße in H befand (und befindet), auf den Kopf (Unfallschilderung vom 10. Juni 1996).
Am 6. September 1991 war bei der Beigeladenen zu 2) eine Meldung des Facharztes für Allgemeinmedizin W vom 29. August 1991 eingegangen, wonach sich die Klägerin an diesem Tag bei ihm vorgestellt hatte. Durch den von 1973 bis 1981 betriebenen Leistungssport habe sie einen Wirbelsäulenschaden erlitten. Die Beigeladene zu 2) hatte den Vorgang mit Schreiben vom 7. November 1991 an die Beklagte weitergeleitet. Deren Zuständigkeit sei gegeben, weil die Klägerin sich als Schülerin beim Sport eine Berufskrankheit (BK) zugezogen habe. Auf Anfrage der Beklagten hatte ihr die Klägerin am 5. Dezember 1991 u. a. mitgeteilt, sie sei am 14. März 1984 begutachtet worden, und ihren Rentenvertrag vom 26. Juni 1984 übersandt, nach dem sie von der Staatlichen Versicherung der DDR seit dem 1. März 1982 (bis einschließlich Mai 2023) eine Rente nach einem Körperschaden von 30 % erhalten hatte. Mit Schreiben vom 28. Mai 1993 hatte die Beklagte den Vorgang an Beigeladene zu 2) zurückgereicht.
Die Beigeladene zu 2) hatte einen Befundbericht der Fachärztin für Sportmedizin Dr. F vom 22. November 1993 eingeholt. Dr. F hatte als Diagnosen eine Skoliose (Verbiegung) der Wirbelsäule mit mehrfachen funktionellen Störungen sowie einen Bänderschmerz im Übergangsbereich der Lendenwirbelsäule (LWS) zum Kreuzbein (S1), einen Zustand nach Osteochondrose (degenerative Knochen-Knorpelveränderung) der LWS und eine Pseudolisthesis (degeneratives Wirbelgleiten) von L4 (vom vierten Lendenwirbelkörper) bis S 1 vermerkt sowie den Verdacht auf das Vorliegen von Chondropathien (Knorpelschädigungen) im Bereich des linken Kniegelenkes und der Sprunggelenke geäußert. In seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 4. Mai 1994 hatte Dr. M darauf hingewiesen, dass es sich bei der vorliegenden Wirbelsäulenschädigung nach den Gepflogenheiten der DDR nicht...