Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt. Anforderungen an Inhalt und Bestimmtheit des Verwaltungsakts. zulässige Regelungen. Bewerbungsaktivitäten. Rechtswidrigkeit eines Ersetzungsbescheides. Regelungen vor Bekanntgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Anforderungen an einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt (insbesondere: Zumutbarkeit von 3 Bewerbungen pro Monat mit Nachweispflicht, Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung).
2. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt ist rechtswidrig, soweit er Regelungen für die Zeiten vor seiner Bekanntgabe trifft und damit Handlungspflichten des Leistungsberechtigten begründet.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt.
Seit dem 24. Januar 2006 bezieht er von dem Beklagten mit Unterbrechungen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Am 14. Mai 2009 erschien der Kläger zu einem Termin bei dem Beklagten. Er meldete sich ausweislich des Beratungsvermerks vom 14. Mai 2009 nach Beendigung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wieder arbeitslos und teilte auf Nachfrage mit, dass er sich auf die Maßnahme konzentriert und daher keine Eigenbemühungen getätigt habe. Er wurde daraufhin auf seine Mitwirkungspflichten und eine Ausweitung der Eigenbemühungen hingewiesen und ihm wurde ein Vermittlungsvorschlag ausgehändigt. Mit ihm wurde - ausweislich des Beratungsvermerks - über den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung gesprochen und er wurde über etwaige Rechtsfolgen belehrt. Es sei ihm auch erläutert worden, dass die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt werden könne. Der Kläger nahm die Eingliederungsvereinbarung mit nach Hause und kündigte eine Prüfung durch seinen Rechtsanwalt an. Ausweislich eines Beratungsvermerks vom 15. Mai 2009 teilte er an diesem Tag dem Beklagten mit, dass er die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben werde. Er sei nicht damit einverstanden, dass mindestens zwei bis drei Bewerbungen innerhalb von sechs Monaten gefordert würden. Der Kläger wurde - ausweislich des Beratungsvermerks - darüber informiert, dass die Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt ersetzt werden könne. Daraufhin teilte er mit, er werde die Eingliederungsvereinbarung definitiv nicht unterschreiben.
Mit dem Kläger am 19. Mai 2009 zugegangenen Bescheid vom 15. Mai 2009 ersetzte der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt und führte darin aus, dass diese nicht zustande gekommen sei. Um die beruflichen Integrationschancen kurzfristig zu verbessern, werde sie als Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 SGB II erlassen. Folgende Festlegungen wurden für die Zeit vom 15. Mai bis zum 13. November 2009 getroffen: Der Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger als Leistungen zur Eingliederung Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, sein Bewerberprofil auf seiner Internetpräsenz aufzunehmen, die Kosten für schriftliche Bewerbungen und Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu übernehmen sowie gegebenenfalls Leistungen aus dem Vermittlungsbudget, Einstiegsgeld und einen Vermittlungsgutschein zu gewähren. Der Kläger wurde aufgefordert, seine Eigenbemühungen zu intensivieren. In den nächsten sechs Monaten solle er mindestens zwei bis drei Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse tätigen und hierüber entsprechende Nachweise in Form von Kopien der Bewerbungen und einer tabellarischen Übersicht vorlegen. Er solle sich innerhalb von drei Werktagen nach Erhalt eines Stellenangebotes bewerben, möglichst viele Medien für die Suche nach Stellenangeboten nutzen und seine Bewerbungsbemühungen durch Initiativbewerbungen ergänzen. Im Einzelnen wird auf Bl. 197 bis 198 der Verwaltungsakten verwiesen.
Der Kläger legte hiergegen am 15. Juni 2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die per Verwaltungsakt erlassene Eingliederungsvereinbarung sei nicht auf seine Situation angepasst und ausformuliert worden. Sie sei mit ihm auch nicht gemeinsam ausgearbeitet und verhandelt worden. Seine Unterschrift sei auf dem Verwaltungsakt nicht erkennbar, so dass er die Rechtsfolgenbelehrung nur zur Kenntnis nehmen könne, sie aber nicht uneingeschränkt hinnehme. Es sei zu bemängeln, dass der Beklagte seine Pflichten relativ unbestimmt formuliere, wohingegen seine Pflichten konkret mit Zahlen definiert würden. Weil ihm zwei bis drei Bewerbungen auferlegt würden, müsse er sich nun bei Unternehmen bewerben, die ihn gar nicht brauchen würden. Er verschwende dadurch die Zeit dieser Unternehmen und fördere so deren Unmut. Das tabellarische Ordnen und Kopieren seiner Bewerbungsunterlagen sei Aufgabe eines Angestellten des Beklagten und nicht seine Aufgabe. Der Sat...