Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Verwertbarkeit eines Miteigentumsanteils am gemeinsamen Hausgrundstück von getrennt lebenden Ehegatten

 

Orientierungssatz

Zu den Anforderungen an die Verwertbarkeit eines im gemeinsamen Eigentum von Eheleuten stehenden Hausgrundstücks im Falle des Getrenntlebens.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Dezember 2013 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010 verurteilt, die der Klägerin für die Monate November 2009 bis Februar 2010 darlehensweise gewährten Leistungen als Zuschuss zu bewilligen.

Der Beklagte hat die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung der ihr für die Monate November 2009 bis Februar 2010 vom Beklagten darlehensweise bewilligten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) als Zuschuss.

Die 1958 geborene Klägerin war zusammen mit ihrem Ehemann Miteigentümerin zu je ½ an einem Eigenheim. Auf dem Grundstück betrieb ihr Ehemann auch sein Gewerbe.

Die Klägerin zog am 8. September 2008 im Rahmen der Trennung von ihrem Ehemann aus dem Eigenheim aus und bewohnte fortan eine Mietwohnung. Im Juli 2009 reichte sie die Scheidung ein, die Ehe wurde im Juli 2010 geschieden.

Am 15. Mai 2009 gab sie beim Beklagten anlässlich einer persönlichen Vorsprache an, sie habe sich hinsichtlich der Verwertung des Hauses von Rechtsanwalt H ... beraten lassen. Ihr Ehemann habe ihr das Angebot unterbreitet, sie mit 15.000 EUR auszuzahlen. Dieses Angebot jedoch sei ihr zu niedrig.

Mit Bescheid vom 3. September 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen für die Monate September 2009 bis Februar 2010. Unter dem 7. September 2009 forderte der Beklagte den Ehemann der Klägerin auf, über sein Einkommen und Vermögen Auskunft zu erteilen. Es liege ein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 SGB II vor. Der Ehemann gab unter dem 30. Dezember 2009 an, er verfüge außer einem Hausgrundstück (40.000 EUR) und einem PKW (3.000 EUR) weder über Einkommen noch Vermögen.

Bereits unter dem 21. September 2009 hatte der Gutachterausschuss beim Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt den Verkehrswert des Eigenheims der Klägerin auf 40.000 EUR geschätzt.

In einem persönlichen Gespräch am 29. September 2009 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass das Grundstück zu verwerten sei. Auskünfte über etwaig noch bestehende Verbindlichkeiten seien bei den Banken einzuholen. Der Beklagte hörte die Klägerin zu einer beabsichtigten Bewilligung der SGB II-Leistungen als Darlehen ab 1. November 2009 an. Eine schriftliche Anhörung erfolgte mit Schreiben vom 30. September 2009.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin SGB II-Leistungen unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2009 nach § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) für die Monate November 2009 bis Februar 2010 in Höhe von 754,69 EUR/Monat als Darlehen.

Unter dem 23. November 2009 legte der Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Das Grundstück sei weder veräußerbar noch beleihbar. Sie könne ihren Ehemann nicht zwingen, einer freiwilligen Vermögensverwertung zuzustimmen. Erst nach Rechtskraft der Scheidung könne sie ihn drängen, eine Entscheidung über das Hausgrundstück zu treffen. Auch eine Beleihung komme nicht in Betracht. Hierzu bedürfe es ebenfalls der Zustimmung des Ehemannes.

Mit Änderungsbescheid vom 17. Dezember 2009 passte der Beklagte die darlehensweise Bewilligung der Leistungen für die Monate Januar und Februar 2010 an die gestiegenen Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung an. Er bewilligte nunmehr 756,67 EUR/Monat.

In einem persönlichen Gespräch am 19. Februar 2010 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass ein Makler mit dem Verkauf des Hauses beauftragt worden sei. Dieser biete das Haus für 107.800 EUR zum Verkauf an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Bescheid vom 23. Oktober 2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17. Dezember 2009 finde seine rechtliche Grundlage in §§ 19 Satz 1, 23 Abs. 5 SGB II. Die Klägerin verfüge über Vermögen in Form eines hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück R ...straße ... in K ... Der Verkehrswert belaufe sich auf 40.000 EUR. Die Klägerin habe mithin ein Vermögen in Höhe von 20.000 EUR. Dieses übersteige das Schonvermögen in Höhe von 8.400 EUR. Der Verwertbarkeit des Vermögens stünden weder der Umstand des gemeinschaftlichen Vermögens noch eine behauptete fehlende bzw. eingeschränkte Veräußerungsbereitschaft de...

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