Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anerkennung einer Hauterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 BKV
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung einer schweren bzw. wiederholt rückfälligen Hauterkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der BKV müssen die schädigenden Einwirkungen i. S. des sog. Vollbeweises nachgewiesen sein.
2. Ist ein direkter Hautkontakt zu schädigenden Stoffen nicht nachgewiesen, wurde bei Arbeitsplatzbegehungen ein Hautkontakt zu Berufsstoffen ausgeschlossen und wurden durch das Unternehmen Hautschutzvorsorgemaßnahmen nachweislich eingehalten, so fehlt es an den arbeitstechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung der Hauterkrankung als BK.
3. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt nicht. Insoweit ist erforderlich, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG Urteil vom 12. 4. 2005, B 2 U 27/04 R).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit nach der Nummer 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 5101) festzustellen ist.
Die Klägerin ist 1960 geboren und war in dem Universitätsklinikum L. als Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin (MTLA) beschäftigt. Nach dem Bericht der Hautärztin Dr. H. vom 15. Februar 2009 hatte sie dabei Umgang mit Fotochemikalien, Entwickler, Fixierer und Lösungsmitteln. Dabei seien teilweise Handschuhe getragen worden. Bei einer Testung am 2. Februar 2009 habe die Klägerin auf Diazolidinylharnstoff reagiert. Es beständen Rötungen an den Fingern, Oberarmen und Bauch. Nach den Angaben der Klägerin trete dies arbeitsabhängig auf und bessere sich an den Wochenenden. Als Diagnose stellte die Ärztin ein irritativ-toxisches Handekzem bei Sensibilisierung gegenüber Diazolidinylharnstoff und atopischer Disposition. Eine Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd sei bekannt; diese Testung sei daher nicht wiederholt worden.
Das Dr. N. Hautschutzzentrum berichtete im Weiteren, dass die Klägerin seit Winter 2005 an einer Hauterkrankung leide. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin seit 16 Jahren als MTLA und vor allem im Forschungsbereich Molekularbiologie tätig gewesen. Bei Ekzembeginn habe ein beruflicher und privater Stress bestanden. 2009 sei sie innerbetrieblich in die Analytik (Forschung) umgesetzt worden. Hierbei habe sie unter anderem Proteine auf Röntgenfilme aufbringen müssen und sei kurzzeitig Entwickler- und Fixierlösungen ausgesetzt gewesen. Ein direkter Hautkontakt habe nicht bestanden. Nach intensiver Exposition zu Entwicklerchemikaliendämpfen beim Zerlegen einer Maschine habe die Klägerin ein Wiederauftreten der Erkrankung festgestellt. Auch habe sie Umgang mit chemischen Dämpfen ohne direkten Hautkontakt. Im Allergiepass von 2007 seien diverse Substanzen eingetragen. Relevant sei nach Angaben der Klägerin nur Formaldehyd. Es liege ein atopisches Ekzem vor, das durch unspezifische Reize und die bei der Arbeit benutzten Stoffe getriggert worden sei. Die Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd sei wahrscheinlich berufsbedingt. Die psychische Beteiligung spiele eine große Rolle.
Bei einer Arbeitsplatzbegehung im Juli 2009 konnte festgestellt werden, dass alle Laborräume eine funktionsfähige Raumlüftung sowie spezielle Abzüge und Sicherheitswerkbänke aufwiesen. Auch die Lagerräume und Schränke wurden abgesaugt. Im Fotolabor sei ein Entwicklerautomat vorhanden gewesen, der mit einer Raumabsaugung ausgestattet gewesen sei, die nach den Herstellerangaben die doppelte Leistungsfähigkeit wie vorgeschrieben habe. Insgesamt würden alle Hautschutzvorsorgemaßnahmen eingehalten. Es bestehe generell kein direkter Hautkontakt, sondern allenfalls eine inhalative Aufnahme von Spuren der verwendeten Entwickler- und Fixierlösungen (geringste Konzentrationen), die über die Raumlüftung und Abzüge nicht unmittelbar und vollständig abgeführt würden. Als Ursache für Hauterscheinungen komme Formaldehyd kaum in Frage. In der Analytik seien keine Desinfektionsmittel erforderlich.
Unter dem 29. April 2009 stufte das Dr. N. Hautschutzzentrum die Erkrankung der Klägerin als Verschlimmerung eines atopischen Ekzems mit Sensibilisierung gegenüber Formaldehyd ein. Es handele sich zwar um eine beruflich verschlimmerte Hautkrankheit, diese sei aber nicht schwer oder wiederholt rückfällig.
Die Beklagte holte das Gutachten des Facharztes für Dermatologie und Venerologie Prof. Dr. J. vom 14. März 2011 ein. Bei seinen Testungen waren die bisherigen multiplen Hautreaktionen nicht reproduzierbar. Der Gutachter betonte hierzu, das bei der Klägerin ehemals positiv getestete Formaldehyd weise nach gängigen Studien die geringste Reproduzierbarkeit innerhalb der Standard-Allergene aus. Allerdings zeige die Untersuchung auch eine deutliche Minderun...