Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Unterkunftskosten für ein teils selbst genutztes Mehrfamilienhaus. Berücksichtigung verbrauchsunabhängiger Kosten in tatsächlicher Höhe. keine anteilige Berücksichtigung nach der genutzten Wohnfläche oder Wohnung
Leitsatz (amtlich)
Die anfallenden verbrauchsunabhängigen Aufwendungen - wie Grundsteuer, Gebäudeversicherung und Schuldzinsen - gehören bei einem Mehrfamilienhaus, das ein Leistungsberechtigter als Eigenheim bewohnt, insgesamt zu den berücksichtigungsfähigen KdU iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2. Denn es handelt sich um Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen hat. Sie sind nicht aus den Anteil der vom Leistungsberechtigten genutzten Wohnfläche oder Wohnung zu reduzieren.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Juni 2012 und der Bescheid des Beklagten vom 26. November 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. und 20. Dezember 2007, 24. und 30. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2008 werden abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an jeden der Kläger weitere Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 38,30 EUR für Dezember 2007, 36,51 EUR für Januar, 82,51 EUR für Februar, 20,90 EUR für März, 35,56 EUR für April und 49,61 EUR für Mai 2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägern 41% ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten für Klage- und Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Bewilligung weiterer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008.
Die im Jahr 1951 geborene Klägerin zu 1 und der im Jahr 1956 geborene Kläger zu 2 sind verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten seit Januar 2005 SGB II-Leistungen.
Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses mit einer Gesamtwohnfläche von 180 m² (drei Wohnungen zu je 60 m²) auf einem 140 m² großen Grundstück. Sie bewohnen die Erdgeschosswohnung, die elektrisch beheizt wird. Seit etwa 1995 sind die beiden anderen Wohnungen des Hauses nicht bewohnt. Deren Sanierung wurde begonnen: In der mittleren Wohnung sind die Fenster saniert und Heizkörper angebracht worden. Ein Heizkessel für eine Zentralheizung des früher mit Kohleöfen beheizten Hauses kann nicht betrieben werden. Die Kläger erwarben das Haus im Jahr 1992 zu einem Kaufpreis von 108.000 DM. Zur Finanzierung nahmen sie Fremdmittel iHv insgesamt 131.000 DM auf. 81.000 DM (41.414 EUR) wurden mit einem Darlehen der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG (im Weiteren: BS) finanziert. Über weitere 30.000 DM (15.338 EUR) erhielten sie ein Darlehen von der Kreissparkasse B. (Konto Nr ...), das bis zum Jahr 2005 tilgungsfrei lief und für das monatliche Raten iHv 94,33 EUR zu zahlen waren. Ein Sanierungsdarlehen über 20.000 DM der Kreissparkasse B. ist seit August 2005 getilgt. Zur Ablösung des ursprünglichen Bauspardarlehens wurde im August 2001 ein Darlehen über 20.820,49 EUR zugeteilt, für das monatliche Raten von 248,49 EUR vereinbart waren. Dazu wurde am 17. März 2003 ein "Tilgungszuschussdarlehen" abgeschlossen, das die monatlichen Tilgungsleistungen reduzierte. Dadurch verringerten sich die Monatsraten auf zunächst 162,49 EUR bzw. 170 EUR. Das Darlehen ist nach Tilgung des ersten Bauspardarlehens zurückzuführen. Nachdem die Kläger auch die reduzierten Raten nicht bedienen konnten, kündigte die BS die Darlehen. Ein zugunsten der BS im November 2005 im Grundbuch eingetragener Zwangsvollstreckungsvermerk wurde wieder gelöscht und im Februar 2007 das Zwangsversteigerungsverfahren aufgehoben, weil sich die Kläger mit der BS auf eine Fortführung des Darlehens geeinigt hatten. Mit Schreiben vom 5. März 2007 erklärte die BS, das Bauspardarlehen werde den Klägern "aufgrund der mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen und geleisteten Zahlungen (weiter)belassen". Zum 1. März 2007 valutierten das BS-Darlehen mit 21.692,64 EUR und das Tilgungszuschussdarlehen mit 2.225,38 EUR. Unter dem 3. September 2014 hat die BS bestätigt, die Kläger hätten im Zeitraum von Dezember 2007 bis einschließlich Mai 2008 Ratenzahlungen von insgesamt 1.020 EUR erbracht, die sich in 589,61 EUR Zinsen (durchschnittlich monatlich 98,27 EUR) und 430,39 EUR Tilgung aufteilten. Die Kläger hatten folgende weitere Aufwendungen:
( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 19. Oktober 2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2007 und Änderungsbescheiden vom 19. und 20. Dezember 2007, 24. und 30. April 2008 für den Bewilligungszeitraum von Dezember 2007 bis Mai 2008 im Ergebnis monatliche Gesamtleistungen iHv 862,30 EUR. Neben der Regelleistung (312 EUR) waren Leistungen für die KdU iHv 119...