Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Beitrags- und Versicherungspflicht. Umlagejahr 2012. Jagdpächtergemeinschaft. Beitragsbemessung. Anknüpfung an die Jagdfläche. teilweise bestehende Unfallversicherung wegen der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen. keine Beitragsminderung. sozialgerichtliches Verfahren. Kostenprivilegierung gem § 183 SGG. Zusammenfallen von Unternehmer- und Versicherteneigenschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anknüpfung an die Jagdfläche als Maßstab für die Beitragsbemessung in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist nicht zu beanstanden (vgl BSG vom 25.11.1977 - 2 RU 9/76, RN 18, juris).

2. Es ist rechtmäßig, Unternehmen der Jagd ohne Beitragsreduktion zu verbeitragen, falls diese bereits wegen der Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen gesetzlich unfallversichert sind.

3. Unfallversicherte Unternehmer sind bei Klagen gegen die Höhe der sie selbst betreffenden Beiträge gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenprivilegiert.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.06.2020; Aktenzeichen B 2 U 14/18 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. März 2017 wird im Kostenpunkt dahingehend geändert, dass das Verfahren im Sinne von § 183 des Sozialgerichtsgesetzes gerichtskostenfrei ist.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht und die Höhe des Beitrages für die gesetzliche Unfallversicherung als Jagdpächter für das Jahr 2012.

Die Klägerin ist eine Jagdpächtergemeinschaft mit sieben Mitgliedern. Diese haben gemeinsam von der Jagdgenossenschaft K. im Kreis S. das Jagdausübungsrecht an dem Gemeinschaftsjagdbezirk gepachtet.

Mit Bescheid vom 3. Juni 2003 stellte die Funktionsvorgängerin der Beklagten (im Weiteren Beklagte) fest, dass der Gesellschafter zu 2) unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung falle.

Die Beklagte setzte die Beiträge für die Klägerin für die jeweiligen Beitragsjahre wie folgt fest:

2008 in Höhe von 408,39 EUR (Bescheid vom 15. März 2009)

2009 in Höhe von 408,39 EUR (Bescheid vom 16. Februar 2010)

2010 in Höhe von 622,60 EUR (Bescheid vom 19. Mai 2011)

2011 in Höhe von 596,75 EUR (Bescheid vom 2. März 2012).

2012 in Höhe von 1.477,07 EUR (Bescheid vom 11. Februar 2013).

Gegen den letztgenannten Bescheid legte der Gesellschafter zu 6) als Empfänger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014 zurückwies. Sie erläuterte ausführlich die Beitragsberechnung.

Hiergegen hat die Klägerin am 18. Februar 2014 Klage am Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben und vorgetragen, sie hätte überhaupt nicht zur Beitragszahlung als Jagdunternehmer herangezogen werden dürfen. Die Zuständigkeit der Beklagten für Jagden werde bestritten. Aus dem in § 123 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB Vll) verwandten Begriff Jagd ergebe sich nicht mit der gebotenen Klarheit, ob diese Tätigkeit als solche, die diese Tätigkeit Ausübenden oder die das materielle Jagdausübungsrecht Innehabenden (als Jagdunternehmer) der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft unterfallen sollten. Zudem würden die Mitglieder der Jagdgenossenschaft für ihre land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke bereits zu Beiträgen durch die Beklagte herangezogen. Weiter seien die Beiträge rechnerisch generell falsch festgesetzt. Zudem habe die Beitragsbemessung hier erdrosselnde Wirkung. Sie habe die Verhältnismäßigkeit zum wirtschaftlichen Wert der durch die Jagdunternehmen vollzogenen Jagdnutzung verloren. Schließlich hat sie ein Urteil des SGs Landshut vom 22. Februar 2017 vorgelegt (S 8 U 5014/15), in dem eine ähnliche Klage zum Erfolg geführt hatte.

Die Beklagte hat die Einnahmen und Ausgaben für den Bereich Jagden ausführlich dargelegt; auf diese Berechnungen wird Bezug genommen (Bl. 36-46, 59 f, 73 Gerichtsakte). Sie hat weiter Satzungen übersandt.

Mit Urteil vom 28. März 2017 hat das SG Magdeburg die Klage abgewiesen und sich in der Begründung den Darlegungen der Beklagten angeschlossen.

Gegen das ihm am 7. April 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. Mai 2017 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag unter nochmaligem Verweis auf das Urteil des SGs Landshut bekräftigt. Auf Nachfrage hat sie erklärt, der Gesellschafter zu 6) sei durch die Angehörigen der Jagdpächtergemeinschaft bevollmächtigt gewesen und weiter bevollmächtigt, für diese zu handeln und Willenserklärungen entgegen zu nehmen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. März 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sie hat darauf hingewiesen, dass das Bundessozialgericht (BSG) bereits am 25. November 1977 (2 RU 9/76) festgestellt habe, dass die Jagdfläche grundsätzlich als angemessene Berechnungsgru...

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