Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Auslegung des Begriffs einer Komplikation im Fall einer DRG F14 B in Abgrenzung zu einer sog Fallzusammenlegung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Frage, ob eine Shuntthrombose als Komplikation zu einer vorangegangenen stationären Vorbehandlung zu werten ist, kommt es nach § 2 Abs 3 S 1 KFPV 2004 auf eine mögliche Verantwortlichkeit des Krankenhauses nicht an.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.934,10 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Krankenhausbehandlungsleistungen, insbesondere über die Frage, ob die Klägerin eine stationäre Behandlung als neue Diagnosis Related Groups (DRG) nach dem Fallpauschalenkatalog 2004 abrechnen durfte oder eine Fallzusammenführung aus einer zuvor erfolgten Behandlung hätte vornehmen müssen.

Die Klägerin ist Trägerin des Kreiskrankenhauses S. in N., das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der bei der Beklagten versicherte S. (im Folgenden: der Versicherte) wurde im Zeitraum vom ... 2004 (im Folgenden Behandlungsabschnitt I) und vom ... 2004 (im Folgenden Behandlungsabschnitt II) in der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie behandelt. Im Behandlungsabschnitt I wurde der Versicherte auf Einweisung der Fachärzte für Innere Medizin sowie Nephrologen Dr. K. wegen einer terminalen Niereninsuffizienz und eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus stationär in das Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Im Entlassungsbericht von Oberarzt Dr. H. vom ... 2004 gab dieser an: Im Verlauf der stationären Aufnahme sei am ... 2004 ein Dialyseshunt am rechten Arm implantiert worden, weil der vorhandene Perm-Cath-Katheter Durchflussprobleme aufgewiesen habe. Postoperativ sei die Behandlung komplikationslos verlaufen. Klinisch habe zum Entlassungszeitpunkt eine gute Shuntfunktion bestanden. Eine Shuntpunktion sei in drei Wochen möglich.

Unter dem ... 2004 kam es durch die oben genannten Nephrologen wegen eines Fistelverschlusses zu einer erneuten Einweisung des Versicherten ins Krankenhaus. Wörtlich enthielt die Einweisung für den Behandlungsabschnitt II folgende Formulierung:

"Fistel war seit 1 Woche in Benutzung, bisher keine Probleme, heute dann unerwarteter Shuntverschluss, Dialyse erfolgte heute nochmals über den Perm Cath, nächste HD am Mittwoch Mittag."

Oberarzt Dr. G. berichtete über den stationären Aufenthalt des Behandlungsabschnitts II im Entlassungsbrief vom ... 2004 und gab an: Die stationäre Aufnahme sei wegen eines akuten Verschlusses des Shuntes nach Dialyse notwendig geworden. Der Eingriff sei am ... 2004 erfolgt. Nach komplikationslosem Verlauf und der Feststellung einer regelrechten Shuntfunktion sei der Versicherte am ... 2004 entlassen worden.

Die Abrechnung über den Behandlungsabschnitt I bezahlte die Beklagte ohne jede Beanstandung. Über den stationären Aufenthalt des Behandlungsabschnitts II erstellte die Klägerin eine Rechnung vom 2. Juni 2004. Diese wies folgende Leistungen aus:

F 14 B Gefäßeingriffe außer große rekonstruktive Eingriffe ohne Herz-Lungen-Maschine ohne äußerst schwere CC 2.932,71 EUR

DRG Systemzuschlag 0,27 EUR

Investitionszuschlag neue Länder 11,24 EUR

QS-Zuschlag 1,12 EUR

Zwischensumme: 2.945,34 EUR

Im Schreiben vom 22. Juni 2004 kündigte die Beklagte gegenüber dem Krankenhaus eine Überprüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) an. Der Rechnungsbetrag werde daher nur unter Vorbehalt gezahlt. Im Schreiben vom 11. Juni 2004 zeigte der MDK gegenüber dem Krankenhaus seine Prüfung an. Zur Aufklärung des Sachverhaltes werde gebeten, den Einweisungsschein, die Epikrise sowie den OP-Bericht zu übersenden. Dieser Aufforderung kam das Krankenhaus nach.

In einer gutachterlichen Stellungnahme sprach sich die MDK Gutachterin S. unter dem 18. Februar 2005 dafür aus, den akuten Verschluss des Shunts nach Dialyse als eine Komplikation im Zusammenhang mit dem Voraufenthalt im Behandlungsabschnitt I zu bewerten. Dieser Einschätzung widersprach das Krankenhaus mit Schreiben vom 18. Mai 2005 und verlangte eine nachvollziehbare Begründung. Die Beklagte beauftragte den MDK mit einem sozialmedizinischen Gutachten vom 19. August 2005, in dem Dipl.-Med. V. ausführte: Im vorliegenden Fall müsse geschlussfolgert werden, dass die stationäre Aufnahme wegen einer Komplikation erfolgt sei. Die Voraussetzungen für eine Fallzusammenführung gemäß § 2 KFPV 2004 seien erfüllt. Mit Schreiben vom 29. August 2005 verlangte die Beklagte unter Hinweis auf dieses Gutachten ihr eine Gutschrift bis zum 20. September 2005 zu erteilen. Dem widersprach das Krankenhaus mit Schreiben vom 14. September 2005 und führte aus: Dem MDK-Gutachten könne nicht gefolgt werden, da keine Komplikation gegeben sei. Mit Schreiben vom 27. September 2005 hielt die Beklagte an ihrer Auffassung fest und informierte die Klägerin üb...

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