Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Erbschaft. einmalige Einnahme. Verteilzeitraum. Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutzes
Leitsatz (amtlich)
Bei der Anrechnung einmaliger Einnahmen ist eine Verteilung auf einen längeren Zeitraum, sodass ein geringer Restanspruch auf SGB 2-Leistungen zur Aufrechterhaltung des Kranken - und Pflegeversicherungsschutzes verbleibt, dann nicht angezeigt, wenn die Einnahme nicht vollständig angerechnet wird, und sie ausreicht, um im Anrechnungszeitraum den grundsicherungsrelevanten Bedarf und die Beiträge für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung zu decken.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2007.
Der am 1950 geborene, alleinstehende Kläger bewohnt eine 46,1 qm große Wohnung, für die eine Gesamtmiete von Juli bis November 2007 i.H.v. 345,08 EUR/Monat und im Dezember 2007 i.H.v. 261,69 EUR zu zahlen war. Am 19. April 2006 war eine Kostensenkungsaufforderung seitens des Beklagten erfolgt. Für eine Kfz-Haftpflichtversicherung waren monatlich 15,21 EUR aufzubringen. Der Kläger bezog eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung i.H.v. 216,95 EUR/Monat ab Juli 2007. Nach der ärztlichen Bescheinigung der Dr. A. vom 14. Dezember 2006 bedurfte er wegen einer Erkrankung Krankenkost in Form einer Vollkosternährung.
Der Kläger bezog seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Zuletzt wurden ihm mit Bescheid vom 22. Dezember 2006 für Mai 2007 511,05 EUR bewilligt (Regelleistung 345 EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) 311,06 EUR, Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung 22,56 EUR). Als Einkommen wurde die Unfallrente - abzüglich des Pauschbetrags von 30 EUR sowie der Kfz-Haftpflichtversicherung - mit 170,57 EUR angerechnet.
Am 2007 verstarb die verwitwete Mutter des Klägers M. A. N. Der Kläger wurde mit seinen beiden Brüdern in gesetzlicher Erbfolge Miterbe; ein Erbschein wurde nicht erteilt. Die Konten bei der Sparkasse J. wurden aufgelöst und der Kläger erhielt am 6. Juni 2007 eine Gutschrift von 5.637,69 EUR auf sein Girokonto.
In seinem Antrag auf Weiterzahlung der Leistungen vom 23. Mai 2007 machte der Kläger geltend, der Erbfall sei noch nicht abgeschlossen. Für Juni 2007 zahlte der Beklagte - ohne Bewilligungsbescheid - einen Betrag von 679,35 EUR einschließlich eines Zuschusses für die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von 127,50 EUR aus.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2007 hob der Beklagte die - nicht erfolgte - Leistungsbewilligung mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auf. Mit Schreiben vom gleichen Tag, überschrieben mit "Betreff: Zum Aufhebungsbescheid vom 13.06.2007", erläuterte der Beklagte, die Erbschaft sei gemäß § 11 SGB II als einmalige Einnahme anzurechnen. Sie werde ab dem 1. Juli 2007 nach seinem Ermessen für sechs Monate angerechnet. Während dieser Zeit habe der Kläger die Krankenversicherung selbst zu zahlen.
Der Kläger entrichtete in der Folge für die Zeit von Juli bis Dezember 2007 Beiträge für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 132,30 EUR/Monat. Am 14. Dezember 2007 hat sich auf dem Konto noch ein Guthaben von 5.047,96 EUR befunden.
In seinem gegen den Bescheid vom 13. Juni 2007 gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, die Erbschaft sei Vermögen. Allenfalls für einen Monat könne diese als Einkommen angerechnet werden. Außerdem diene sie seiner Altersvorsorge.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 wieder Leistungen ab Januar 2008.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2008 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Erbschaft sei kein Vermögen, sondern Einkommen. Diese einmalige Einnahme sei von dem Monat des Zuflusses an zu berücksichtigen. Rechtsgrundlage für die Anrechnung der Erbschaft und die Leistungsaufhebung sei § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X).
Dagegen hat der Kläger am 10. April 2008 beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben und die Aufhebung des Bescheids vom 13. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2008 beantragt. Die Erbschaft sei spätestens im Folgemonat des Zuflusses als Vermögen anzusehen. Die Grenzbeträge des Vermögensschutzes würden nicht überschritten.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2010 abgewiesen. Das Klagebegehren sei auszulegen gewesen und habe sich auf die Bewilligung von Leistungen ab dem 1. Juli 2007 bezogen. Der Bescheid vom 13. Juni 2007 sei als Ablehnung des Weiterzahlungsantrags anzusehen. Der Kläger sei ab Juni 2007 nicht me...