Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des Integrationsfachdienstes. Geltungszeitraum des Vermittlungsgutscheins. befristete einmonatige Probebeschäftigung. Vermittlungserfolg. weitere unbefristete Arbeitsaufnahme. Vermittlungsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vermittlungsgutschein kann auch nach der Aufnahme einer einmonatigen Probebeschäftigung nach § 238 SGB 3 während seiner Gültigkeitsdauer weiter Grundlage für einen Vergütungsanspruch des Arbeitsvermittlers sein. Der Vermittlungsgutschein ist durch die Vermittlung des befristeten Probebeschäftigungsverhältnisses nicht verbraucht; ein noch während der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines abgeschlossenes sich anschließendes unbefristetes Arbeitsverhältnis stellt einen zu vergütenden Vermittlungserfolg dar.

 

Orientierungssatz

Der (gesetzliche) Zahlungsanspruch des Arbeitsvermittlers setzt zunächst einen Vergütungsanspruch des vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers gegen den Arbeitnehmer voraus, der sich seinerseits nur aus einem zivilrechtlichen Vertrag ergeben kann, dessen Wirksamkeit und nähere Ausgestaltung sich nach den Vorschriften des BGB, insbesondere den §§ 652 ff BGB, richtet, die von öffentlich-rechtlichen Normen, vornehmlich denen der §§ 296, 297 SGB 3, überlagert sind (vgl BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R = BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1 und vom 6.5.2008 - B 7/7a AL 8/07 R = BSGE 100, 238 = SozR 4-4300 § 421g Nr 3).

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten für das Berufungsverfahren mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von 2.000 EUR aus einem Vermittlungsgutschein (VGS) nach § 421g des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - SGB III (i. d. Fassung vom 10. Dezember 2007, gültig bis 31. März 2012).

Die Klägerin ist ein Integrationsfachdienst, der im Auftrag des Integrationsamtes, der Beklagten und der Rehabilitationsträger Aufgaben zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben für behinderte, schwerbehinderte und von Behinderung bedrohte Menschen wahrnimmt.

Sie stellte am 19. Mai 2008 einen Antrag auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheines bei der Beklagten in Höhe von zunächst 1.000 EUR für die Vermittlung des Beigeladenen, des schwerbehinderten Arbeitnehmers J. D. , in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis bei der Firma A. L. GmbH & Co KG (im Folgenden: Arbeitgeberin) ab dem 1. April 2008. In der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der Arbeitgeberin gab diese an, der Arbeitsvertrag für eine Tätigkeit mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich sei am 27. März 2008 auf Vermittlung der Klägerin geschlossen worden. Der Beigeladene sei bei ihr (der Arbeitgeberin) vom 1. März bis 31. März 2008 im Rahmen einer Probebeschäftigung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Probearbeitsvertrag datierte vom 22. Februar 2008. Der zugrundeliegende VGS der Beklagten für den Beigeladenen wurde am 7. Februar 2008 über 2.300 EUR ausgestellt und ist gültig vom 7. Februar 2008 bis 6. Mai 2008. Weiter fügte die Klägerin den am 22. Februar 2008 mit dem Beigeladenen abgeschlossenen Vertrag zur Vermittlung schwerbehinderter Menschen durch Integrationsfachdienste (IFD) bei. Danach beauftragt der Beigeladene die Klägerin, ihn in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich zu vermitteln. In § 4 des Vertrages ist geregelt: "Der Vermittlungserfolg ist zu dem Zeitpunkt gegeben, wenn der/die Arbeitsuchende einen Arbeitsvertrag für ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit einer Mindestdauer von drei Monaten und einem Mindestbeschäftigungsumfang von 15 Wochenstunden schließt."

Nach § 7 des Vertrages beträgt das Vermittlungshonorar 2.000 EUR und nach § 5 des Vertrages erfolgt die Abrechnung der Vergütung für den VGS unmittelbar zwischen der Agentur für Arbeit und dem Träger des IFD.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2008 lehnte die Beklagte die Auszahlung des Vermittlungsgutscheines ab: Es sei von vornherein nicht eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart worden. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 10. November 2008 Widerspruch ein und begründete diesen wie folgt: Der Beigeladene sei zur Arbeitgeberin vermittelt worden. Zur Eignungsfeststellung habe der Beigeladene dort im Vorfeld eine Probebeschäftigung für einen Monat absolviert und sei anschließend nahtlos unbefristet ab dem 1. April 2008 eingestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück: Es sei zunächst ein weniger als drei Monate dauerndes befristetes Probearbeitsverhältnis abgeschlossen worden. Das später unbefristete, sich nahtlos anschließende Arbeitsverhältnis habe keine Berücksichtigung finden können, weil eine spätere Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses oder der weitere Abschlus...

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