Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Anerkennung eines Meniskusschadens als Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV. Mehrjährig andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit. Primäre Miniskopathie. Montageschweißer. Dauerzwangshaltung. Ursächlicher Zusammenhang. Wesentliche Bedingung

 

Orientierungssatz

1. Die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV setzt voraus, dass bei dem Versicherten ein Meniskusschaden vorliegt und er eine mehrjährig andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit ausgeübt hat, die unter Berücksichtigung des medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentliche Ursache der Entstehung des Meniskusschadens war.

2. Die belastende Tätigkeit als arbeitstechnische Voraussetzung muss vollbeweislich gesichert sein. Die erforderliche Dauerzwangshaltung liegt dann nicht vor, wenn der Versicherte nur kurzfristig eine knieende oder hockende Stellung eingenommen hat.

3. Die Feststellung des Ursachenzusammenhangs erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Bei der primären Meniskopathie setzt der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein. Im weiteren Verlauf können sekundär Gelenkknorpel und Gelenkbinnenhaut in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese Knorpelschäden sind regelmäßig auf die Meniskopathie zurückzuführen. Sofern andere Faktoren als ausschließliche Ursachen auszuschließen sind, ist die primäre Meniskopathie als BK anzuerkennen, vgl. BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R.

4. Abzulehnen ist die Anerkennung einer BK bei kurzer Gesamtarbeitszeit, kurzer Tätigkeit mit besonderer Beanspruchung der Kniegelenke, langem Zeitraum zwischen Beendigung der belastenden Tätigkeit und dem Auftreten der ersten Beschwerden und einem höheren Lebensalter. Für eine Anerkennung als BK spricht dagegen ein langer Zeitraum der belastenden Tätigkeit und ein geringes Lebensalter.

 

Normenkette

RVO § 551 Abs. 1, 3; BKV Anl. 1 Nr. 2102; SGB VII § 212

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Februar 2005 wird abgeändert und neu gefasst:

Der Bescheid der Beklagten vom 9. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2001 wird aufgehoben.

Es wird mit Wirkung ab 30. November 2000 festgestellt, dass ein Meniskusverschleiß und eine Verschleißerkrankung in beiden Kniegelenken eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung sind.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen Auslagen des Klägers für beide Rechtszüge und das Vorverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Schädigung der Menisken des rechten und linken Kniegelenks als Berufskrankheit nach der Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.

Der 1940 geborene Kläger erlernte vom 1. September 1954 bis 31. August 1956 den Beruf des Drehers und war anschließend bis zum 6. August 1958 in diesem Beruf tätig. Vom 18. August 1958 bis 29. August 1959 übte er die Tätigkeit eines Schlossers und Schweißers und vom 31. August 1959 bis 10. November 1962 die eines Montageschweißers aus. Nach Ableistung seines Wehrdienstes nahm er am 19. Mai 1964 seine Tätigkeit als Montageschweißer wieder auf und übte diese bis zum 25. Oktober 1968 und vom 28. Oktober 1968 bis zum 30. September 1997 aus. Ab dem 1. Oktober 1997 war er arbeitslos und bezog seit dem 1. Juni 2000 eine Erwerbsunfähigkeitsrente.

Am 21. Juni 1999 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag, seine Kniebeschwerden als BK anzuerkennen. Er habe seit 1959 als Montageschweißer fünf bis sechs Stunden täglich in Zwangslagen hockend, kniend und liegend gearbeitet. Dadurch habe er sich Schädigungen an beiden Kniegelenken zugezogen und leide seit 1989 unter Schmerzen.

Die Beklagte zog den Sozialversicherungsausweis des Klägers bei und veranlasste medizinische Ermittlungen. Unter dem 23. August 1999 teilte die Betriebsärztin Dipl.-Med. W. mit, der Kläger klage seit der ersten arbeitsmedizinischen Vorstellung 1992 über Knieschmerzen in beiden Kniegelenken. Er habe am 7. Juni 1993 angegeben, im Jahr zuvor einen Arbeitsunfall mit Verletzung des linken Knies erlitten zu haben. Schmerzen träten bei längerer Zwangshaltung auf. In dem beigefügten Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. F. vom 11. Juni 1996 diagnostizierte dieser eine beginnende Gonarthrose in beiden Kniegelenken, die durch die Röntgenaufnahmen bestätigt werde. Die Sonographie beider Kniegelenke zeige eine deutliche Gelenkkapselschwellung beider Knie mit minimalem Erguss im rechten Knie.

Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Sachsen-Anhalt bei. ...

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