Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. häusliche Pflege. Zubereitung einer sonstigen Mahlzeit. Erforderlichkeit der Heranziehung einer besonderen Pflegekraft. kein Verweis auf den Ehegatten ohne vorherige Kontaktaufnahme zur Überprüfung von Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Hilfeleistung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Tatbestandsmerkmal "hinwirken" in § 63 S 1 SGB 12 setzt eine Interaktion zwischen dem Sozialhilfeträger und der Person, die eine Pflege übernehmen soll, voraus.

 

Normenkette

SGB XII § 63 Sätze 1-2, § 61 Abs. 1 Sätze 1, 2 HS 1, Abs. 2, 4, 5 Nr. 1, §§ 62, 65 Abs. 1 S. 1 HS 1, S. 2, § 97 Abs. 2, § 98 Abs. 1 S. 1; AG SGB XII § 3 Nr. 2; AG SGB XII § 4; AG SGB XII § 6 S. 2; SGB XI § 28 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5-8, § 75

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um einen Anspruch auf Leistungen der Klägerin zur Hilfe zur Pflege im Bereich der Ernährung für den Leistungskomplex (LK) 19 (Zubereitung einer sonstigen Mahlzeit) für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011.

Die 1938 geborene Klägerin ist ukrainische Staatsangehörige. Sie lebt gemeinsam mit ihrem 1936 geborenen Ehemann, dem Beigeladenen zu 2., in einer Mietwohnung in H. Beide erhalten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII - Sozialhilfe), im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2010 in Höhe von monatlich insgesamt 1.142,94 EUR und im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2011 in Höhe von monatlich insgesamt 1.144,84 EUR. Über weiteres Einkommen oder über Vermögen verfügen die Eheleute nicht.

Die Klägerin beantragte am 13. Dezember 2009 die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege in Form von Sachleistungen. Sie erklärte, erheblich pflegebedürftig zu sein und die entstehenden Pflegekosten aus eigenen Mitteln nicht bestreiten zu können sowie den Beigeladenen zu 1. mit der weiteren Versorgung beauftragt zu haben. Am 17. Dezember 2009 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1. einen Vertrag über ihre ambulante pflegerische Versorgung. Nach einer ergänzenden Vereinbarung vom 28. Dezember 2009 sollten ab dem 28. Dezember 2009 folgende Leistungen erbracht werden: LK 2 5mal wöchentlich, LK 4 5mal wöchentlich, LK 11 bis zu 3mal monatlich, LK 13 5mal wöchentlich, LK 14 1-mal wöchentlich, LK 16 1-mal wöchentlich, LK 17 1mal wöchentlich sowie LK 19 2mal täglich.

Am 12. Januar 2010 wurde die Klägerin in der Häuslichkeit durch Frau B. für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen-Anhalt untersucht. Nach dem am selben Tag durch Frau B. erstellten Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit wird die pflegerische Versorgung der Klägerin von montags bis freitags täglich 2mal ambulant durch eine Pflegeeinrichtung sowie an den Wochenenden durch die Tochter übernommen. Pflegebegründende Diagnosen seien eine Fraktur im Bereich des linken Oberarms mit Abriss des Tuberculum Majus am 12. Dezember 2009 und eine Polyarthrose. Weiter leide die Klägerin an Rheuma und Schwindel. Für die Körperpflege bestehe ein Zeitbedarf von 15 Minuten, für die Ernährung von drei Minuten, für die Mobilität von elf Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten täglich. Es liege kein Pflegebedarf nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI - Soziale Pflegversicherung) vor. Am 13. August 2010 fand eine weitere Untersuchung der Klägerin in der Häuslichkeit durch Frau S. statt, die feststellte, für die Körperpflege bestehe nunmehr ein Zeitbedarf von 21 Minuten, für die Ernährung von einer Minute und für die Mobilität von neun Minuten täglich. Ein Bedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung sei nicht zu berücksichtigen, weil diese im Gutachten für den Beigeladenen zu 2. vollständig angerechnet worden sei. Es liege kein Pflegebedarf nach dem SGB XI vor.

Mit Bescheid vom 31. August 2010 bewilligte die Stadt H. der Klägerin im Namen des Beklagten Leistungen der Hilfe zur Pflege als Pflegesachleistungen für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 für folgende Leistungen:

( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

Leistung

Umfang

Anmerkung

Körperpflege

Teilwäsche Unterkörper

1mal täglich

Baden

1mal täglich

Zahnpflege

2mal täglich

Wechseln kleiner Vorlagen (1 Minute)

1mal täglich

in LK 2 bzw. 4 enthalten

Ernährung

Mundgerechte Zubereitung der Nahrung (1 Minute)

1mal täglich

erfolgt über den Ehemann, der sich selbst die Mahlzeiten zubereitet

Mobilität

Ankleiden

1mal täglich

Entkleiden

1mal täglich

Begleitung zu Aktivitäten

3mal monatlich maximal

wenn persönliches Erscheinen notwendig ist - entsprechende Vordrucke als Nachweise verwenden

Laut MDK-Gutachten sei die Hauswirtschaftspflege beim Beigeladenen zu 2. bereits vollst...

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