Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme von Cabaseril bei Restless-Legs-Syndrom im Rahmen des Off-label-use
Orientierungssatz
Eine Krankenkasse hat die Kosten des Medikaments "Cabaseril" mit dem Wirkstoff "Cabergolin" bei Vorliegen eines Restless-Legs-Syndroms mit massiven Ein- und Durchschlafstörungen im Rahmen des Off-label-use zu übernehmen .
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten für das der Klägerin von ihrer behandelnden Neurologin verordnete Medikament "Cabaseril" (mit dem Wirkstoff "Cabergolin") tragen muss.
Die ... 1923 geborene Klägerin leidet etwa seit dem dreißigsten Lebensjahr an einem Restless-Legs-Syndrom (im folgenden: RLS). Dabei handelt es sich um ein Krankheitsbild unklaren Ursprungs, bei dem meist nachts Schmerzen in den Beinen mit dem Zwang auftreten, diese zu bewegen. Infolge dieser Erkrankung liegen bei der Klägerin massive Ein- und Durchschlafstörungen vor.
Mit einem Schreiben vom 16. Mai 2003 beantragte die behandelnde Neurologin Dr. A für die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Therapie mit dem Medikament Cabaseril. Sie führte aus: Die Patientin sei im Schlaflabor der Universitäts-Nervenklinik auf dieses Medikament eingestellt worden. Durch die langjährige Behandlung der Restless legs sei eine Tramalabhängigkeit entstanden. Eine Behandlung mit Restex habe keinen Erfolg gehabt. Die Patientin sei durch den hohen Leidensdruck und die Schlafstörungen suizidgefährdet. Durch die Behandlung mit Cabaseril würden die Beschwerden deutlich gelindert. Die Beklagte holte eine Stellungnahme eines oder einer Dr. med. A vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, in der ausgeführt wurde: Cabaseril scheine besonders bei schweren Schlafstörungen eine längere Wirksamkeitsdauer zu haben. Zur Zeit würden klinische Studien durchgeführt. Aus arzneimittelrechtlichen Gründen sei ein positives Votum noch nicht möglich. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 25. Juni 2003 eine Kostenübernahme ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 10. Juli 2003 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2003 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin hat am 23. Oktober 2003 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Im Klageverfahren hat die Gutachterin W vom MDK in einer Stellungnahme vom 1. Oktober 2004 ausgeführt: Eine Rückfrage beim Hersteller habe ergeben, dass die Phase-III-Studie bis auf eine Vergleichsstudie zwischenzeitlich abgeschlossen sei. Eine Veröffentlichung sei noch nicht erfolgt. Es sei auch mitgeteilt worden, dass eine Zulassungserweiterung jetzt nicht mehr angestrebt werde, da absehbar ein Generikum (Arzneimittel, das unter nicht geschütztem Namen im Handel ist) auf den Markt komme. Die Voraussetzungen für einen Empfehlung im Sinne eines Off-Label-Use von Cabaseril bei RLS seien nicht erfüllt.
Das Sozialgericht hat die auf eine Kostenübernahme gerichtete Klage mit Urteil vom 18. November 2004 als unbegründet abgewiesen und ausgeführt: Das Medikament Cabaseril sei in Deutschland nur für die Behandlung des Morbus Parkinson und nicht des RLS zugelassen. Ein liege kein Ausnahmefall vor, in dem ein für die Behandlung einer bestimmten Krankheit nicht zugelassenes Medikament trotzdem zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden könne. Es fehle an hinreichenden Kenntnissen über die Wirksamkeit des Medikaments.
Gegen das ihr am 26. November 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Dezember 2004 Berufung eingelegt. Sie hat unter anderem auf eine Konsenserklärung von Experten auf dem Gebiet der Erforschung und Behandlung des RLS (siehe Blatt 90 der Gerichtsakte) hingewiesen, wonach diese aufgrund veröffentlichter Studien von zuverlässigen und nachprüfbaren Aussagen über die Qualität und die Wirksamkeit des Wirkstoffes in dem Medikament Cabaseril ausgehen und unter ihnen Konsens über den nachgewiesenen Nutzen und darüber, dass das Behandlungsrisiko vertretbar sei, bestehe.
In einem Schreiben vom 23. Juni 2005 hat Prof. Dr. M von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Fakultät der Universität Halle mitgeteilt: Die Klägerin habe sich dort im Jahr 2002 zweimal in stationärer Behandlung befunden. Sie habe über eine maximale Schlafdauer von zwei bis drei Stunden berichtet. Es sei die Diagnose eines RLS mit periodischen Beinbewegungen im Schlaf gestellt worden. Als polysomnographischer Befund sei festgestellt worden, dass die Beinbewegungen das Ein- und Durchschlafen störten. Eine Behandlung mit L-Dopa (Restex retard Kapseln) sei ohne hinreichende Wirkung gewesen. Die Patientin sei auf Cabergolin eingestellt worden. Bei Steigerung der Dosis auf zuletzt 2,5 mg sei es zu einer insgesamt zufriedenstellenden Beinruhe und einem zufriedenstellenden Nachtschlaf gekommen (wegen des genaueren Inhalts des Befundes wird auf Blatt 105 bis 107 der Gerichtsakte Bezug genommen).
Dr. med. B vom MDK hat in einer Stellungna...