Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgungssystem. Altersversorgung der technischen Intelligenz. DDR. Versorgungszusage. Verbot der Neueinbeziehung. Verfassungskonforme Auslegung. Vergleichsgruppe. Volkseigener Produktionsbetrieb. Arbeitgeber. Wirtschaftseinheit. Kombinat. Gleichgestellter Betrieb. Sonderrechtsnachfolger. Laufende Geldleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

Entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts bietet das AAÜG keine Grundlage dafür, das Verbot der Neueinbeziehung zu modifizieren und im Wege der verfassungskonformen Auslegung Personen in die Zusatzversorgungssysteme einzubeziehen, die weder über eine Versorgungszusage verfügen noch aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung einbezogen sind.

 

Normenkette

AAÜG § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 3; EVertr. Art. 17, 19; SGB X § 45; GG Art. 3 Abs. 1; SGB I § 56 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 06. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob zugunsten des verstorbenen Ehemannes der Klägerin (nachfolgend: der Versicherte) Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) mit den dabei erzielten Entgelten festzustellen sind.

Dem am ... 1947 geborenen Versicherten wurde mit Urkunde der Ingenieurschule E. vom 30. Juli 1971 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führen zu dürfen. Ab dem 25. August 1971 war er wie folgt im VEB M. Kombinat W. P. E. tätig:

25. August 1971 bis 31. Dezember 1972: Organisator Rechentechnik

01. Januar 1973 bis 31. Dezember 1973: Gruppenleiter Bilanz- und Realisierungskontrolle

01. Januar 1974 bis 31. Dezember 1975: Leiter der Analytik

01. Januar 1976 bis 31. Dezember 1977: Gruppenleiter Analytik und Kontrolle

01. Januar 1978 bis 31. Dezember 1978: Fachgebietsleiter

01. Januar 1979 bis 31. Dezember 1979: Mitarbeiter Analytik und Kontrolle

01. Januar 1980 bis 31. Dezember 1982: Mitarbeiter für Bilanzierung

01. Januar 1983 bis 31. Dezember 1983: Gruppenleiter

01. Januar 1984 bis 31. Dezember 1986: Fachverantwortlicher für Rechentechnik

01. Januar 1987 bis 30./31. Mai/29./30. Juni 1990: Leiter Rechentechnik/Bilanzierung.

Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Versicherten ist als Betrieb der "VEB M. Kombinat W. P., Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, Kombinatsleitung" eingestempelt. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung gehörte er seit dem 01. Januar 1976 an. Eine schriftliche Zusatzversorgungszusage erhielt er zur Zeit der DDR nicht.

Am 09. Juli 2003 beantragte der Versicherte bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und gab dazu an, dass er bis zum 30. Mai 1990 als Leiter Rechentechnik beschäftigt gewesen sei. Er legte eine Auskunft des Archivs E. der Mansfelder Kupfer und Messing Bitte Eintrag suchen und anpassen. vor, wonach sein Beschäftigungsverhältnis mit dem VEB M. Kombinat bis zum 31. Mai 1990 bestanden hat. Im Ausweis des Versicherten für Arbeit und Sozialversicherung ist für das erste Halbjahr 1990 in der Spalte "Ende der Tätigkeit" der 30. Juni 1990 eingetragen. Diese Eintragung ist durchgestrichen; darüber ist handschriftlich eingetragen "gültig". Mit Bescheid vom 29. Oktober 2003 stellte die Beklagte die Zeiträume vom 25. August 1971 bis 31. Dezember 1972 und vom 01. Januar 1984 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech mit den dabei erzielten Entgelten fest. Dagegen legte der Versicherte am 24. November 2003 Widerspruch ein, mit dem er auch die Einbeziehung des Zeitraums vom 01. Januar 1973 bis zum 31. Dezember 1983 begehrte.

Mit Schreiben vom 11. August 2005 hörte die Beklagte den Versicherten hinsichtlich einer Rücknahme des Bescheides vom 29. Oktober 2003 an, da dieser am 30. Juni 1990 keine ingenieurtechnische Tätigkeit ausgeübt habe, weil er als Leiter Rechentechnik im Bereich Bilanzierung nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen sei bzw. nicht aktiv den Produktionsprozess habe beeinflussen können. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 29. Oktober 2003 gemäß § 45 SGB X für die Zukunft mit Wirkung vom 01. November 2005 zurück. Der Versicherte habe am 30. Juni 1990 keine ingenieurtechnische Tätigkeit ausgeübt, so dass der Bescheid vom 29. Oktober 2003 rechtswidrig sei. Das Vertrauen des Versicherten in den rechtswidrigen Bescheid sei nicht schutzwürdig, da es sich bei dem zurückgenommenen Bescheid um einen Nichtleistungsbescheid handele, mit dem keine Rentenzahlungen zuerkannt worden seien. Weiterhin lägen auch keine Vermögensdispositionen vor. Es überwiege daher das öffentliche Interesse an der Herstellung der wahren Rechtslage. Die Zweijahresfrist des § 45 Absatz 3 SGB X sei noch nicht abgelaufen. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens sei der Bescheid deshalb zurückzunehmen. Der Rücknahmebescheid werde Gegenstand des Widerspruchverfahrens. Mit Wide...

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