Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherungsschutz. Abgrenzung. jagdgastübliche Tätigkeit. Tätigkeit wie eine Jagdaufseherin. Eigeninteresse
Orientierungssatz
Zum Vorliegen des Unfallversicherungsschutzes einer arbeitslosen Erzieherin mit Jagdberechtigungsschein gem. § 539 Abs 2 RVO iVm § 776 Abs 1 Nr 3 RVO, die wie eine abhängig Beschäftigte, nämlich wie eine Jagdaufseherin bei der Entenjagd tätig wurde und dabei verunglückte.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 22. Oktober 1996 als Arbeitsunfall.
Die ... 1963 geborene Klägerin war nach einer bis zum 31. Juli 1996 dauernden Beschäftigung als Erzieherin arbeitslos und bezog Leistungen vom Arbeitsamt St. Seit dem Jahr 1994 ist sie Inhaberin eines Jagdberechtigungsscheines. Nach dem Durchgangsarztbericht von Dr. Sch vom Diakoniekrankenhaus S erlitt die Klägerin am 22. Oktober 1996 um 18.20 Uhr einen Unfall, indem sie nach der Entenjagd an der Biese auf dem Heimweg auf dem Deich umknickte und sich das linke Sprunggelenk verletzte. Bei der Untersuchung fand sich ein massiver Druckschmerz und eine Schwellung des linken Knöchels. Auf dem Röntgenbild war eine Fraktur zu sehen. Die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit wurde mit acht bis zehn Wochen angegeben. Am 1. November 1996 teilte der Zeuge S, einer der Pächter des Jagdreviers, telefonisch der Beklagten mit, dass die Klägerin bei der Jagd umgeknickt sei. Er habe ihr im Auftrag der Jagdgenossenschaft einen Begehungsschein ausgestellt. Mit Schreiben vom 27. Oktober 1996 übersandte er den Jagdpachtvertrag vom 17. August 1991, wonach er mit drei anderen Personen zusammen von der Jagdgenossenschaft O einen Jagdbezirk gepachtet hatte.
Am 14. November 1996 ging bei der Beklagten die schriftliche Unfallanzeige des Jagdpächters S vom 8. November 1996 ein. Danach ist die Klägerin gegen 18.00 Uhr mit ihren beiden Kindern mit dem Auto zur Entenjagd gefahren. Auf dem Rückweg über den Deich der Biese sei sie umgeknickt und habe sich eine Verletzung am linken Knöchel zugezogen.
Mit Bescheid vom 15. November 1996 lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis vom 22. Oktober 1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin als Jagdgast bei der Verrichtung jagdgastüblicher Tätigkeiten einen Unfall erlitten habe, so dass wegen der Versicherungsfreiheit kein Anspruch auf Entschädigung bestehe. Dieser Bescheid war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
Mit Schreiben vom 28. November 1996 teilte der Zeuge S der Beklagten mit, dass er Anfang Oktober von Landwirten in dem von ihm zu bejagenden Gebiet darauf angesprochen worden sei, Enten und Gänse stärker zu bejagen, da diese Schäden an den landwirtschaftlichen Flächen verursachten. Auf Grund seiner Montagetätigkeit mit längerer Abwesenheit habe er alle seine Rechte und Pflichten hinsichtlich der Jagd für die Dauer seiner Abwesenheit auf die Klägerin übertragen, die in seinem Revier einen Begehungsschein besitze und generell an der Jagd beteiligt sei. Er habe sie beauftragt, Enten und Gänse in diesem Gebiet stärker zu bejagen, um den Wildschaden so gering wie möglich zu halten.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1996 lehnte die Beklagte erneut das Bestehen ihrer Entschädigungspflicht aus Anlass des Ereignisses vom 22. Oktober 1996 ab und verwies darauf, dass die Klägerin als Jagdgast nicht versichert gewesen sei.
Hiergegen erhob diese am 19. Dezember 1996 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass sie zwar Inhaberin eines Jagdscheines, allerdings noch nicht jagdpachtfähig sei. Mit S sei vereinbart worden, dass sie Mitpächterin werde, sobald die Jagdpachtfähigkeit eintrete. Seitdem sie im Besitz des Jagdscheines sei, habe sie eine Jagderlaubnis für dieses Revier und sei an allen Pflichten und Lasten beteiligt, wozu u.a. auch die Kosten der Wildfütterung gehörten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1997 zurück. Die Klägerin habe sich am Unfalltag als Jagdgast im Revier des Jagdunternehmers aufgehalten, so dass sie nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterlegen habe. Jagdgäste würden im privaten Eigeninteresse tätig, unabhängig davon, ob und inwieweit die jagdliche Betätigung auch den Interessen des Jagdunternehmers diene.
Mit der am 25. Februar 1997 zum Sozialgericht Stendal erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und zur Begründung ausgeführt, dass sie als Jagdhelferin in dem gepachteten Jagdgebiet tätig geworden sei. Der Jagdpächter habe ihr den Auftrag erteilt, für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen, so dass sie in einem Dienstverhältnis als Jagdgehilfin zu S. gestanden habe. In Ausführung dieses Auftrages und nicht als Jagdgast habe sie sich den Knöchel verletzt. Ihre Tätigkeit am 22. Oktober 1996 habe nicht darin bestanden, gezielt Enten abzuschießen, sondern vielmehr dazu gedient, diese von den landwirtschaftlichen Flächen zu vertreiben, um Wildschäd...