Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag. Beendigung wegen Zahlungsverzug. Mitteilungspflicht der Bundesagentur für Arbeit. Anwartschaft auf Arbeitslosengeld. Schutzbereich des Art 14 GG
Leitsatz (amtlich)
Die Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB 3 wegen Zahlungsverzugs setzt einen vorherigen Hinweis auf den drohenden Verlust des Versicherungsschutzes voraus (entgegen BSG vom 30.3.2011 = B 12 AL 2/09 R).
Orientierungssatz
Die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld durch die Einzahlung eigener Beiträge unterfällt dem Schutzbereich des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG (vgl BVerfG vom 12.2.1986 - 1 BvL 39/83 = BVerfGE 72, 9 = SozR 4100 § 104 Nr 13).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Fortbestand der freiwilligen Arbeitslosenversicherung des Klägers bei der Beklagten.
Der 1955 geborene Kläger war bis zum 31. August 2006 als Journalist in verschiedenen Positionen zuletzt als stellvertretender Chefredakteur von "S. I. " und "S. T. " beschäftigt. Nach dem daran anschließenden Bezug von Arbeitslosengeld machte er sich zum 20. Mai 2007 mit einem eigenen Pressebüro selbständig. Er beantragte bei der Beklagten die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung (Antragstellung vom 20. April 2007). Diesem Antrag "entsprach" die Beklagte mit Bescheid vom 25. Mai 2007 und legte den Beginn der freiwilligen Weiterversicherung auf den 20. Mai 2007 fest. Als jeweils am 1. des Monats zu zahlenden monatlichen Beitrag legte die Beklagte erstmalig am 1. August 2007 einen Betrag in Höhe von 22,05 EUR fest (sowie zusätzlich einen Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 20. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2007). In dem Bescheid findet sich auf der Rückseite folgender Hinweis: "Die Beträge für die freiwillige Weiterversicherung werden, soweit sie nicht für das jeweilige Kalenderjahr im vorhinein gezahlt werden, spätestens am 1. des Monats fällig. Zahlen Sie Beiträge bitte so rechtzeitig, dass sie zum genannten Fälligkeitstermin auf dem Konto der Bundesagentur für Arbeit eingehen. Kommen Sie der Beitragszahlung nicht nach, endet das Versicherungsverhältnis rückwirkend ab dem Eintritt des Verzugs, wenn sie länger als drei Monate in Verzug sind. Damit der Versicherungsschutz nicht verlorengeht, sorgen Sie bitte dafür, dass die regelmäßigen Beitragszahlungen sichergestellt sind." In der Folgezeit änderte die Beklagte die vom Kläger monatlich zu zahlenden Beiträge für seine freiwillige Arbeitslosenversicherung ab dem 1. Januar 2008 auf 17,33 EUR (Bescheid vom 5. Dezember 2007) und ab dem 1. Januar 2009 auf 14,95 EUR (Bescheid vom 17. Dezember 2008) ab.
Die für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Juli 2008 fälligen Arbeitslosenversicherungsbeiträge überwies der Kläger am 4. Juli 2008. Dieses Vorgehen beanstandete die Beklagte nicht. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 bescheinigte die Beklagte dem Kläger, dass er in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2008 Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung in Höhe von 207,96 EUR entrichtet habe. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass mit dieser Bescheinigung Versicherungszeiten nachgewiesen werden könnten. Die nachfolgend monatlich fälligen Beiträge zahlte der Kläger der Beklagten regelmäßig bis einschließlich Januar 2009. Ab dem 16. Juli 2008 war der Kläger infolge einer Krebserkrankung arbeitsunfähig. Seine Krankenkasse, die B. G. , zahlte dem Kläger vom 27. August 2008 bis zum 31. März 2009 Krankengeld. In der Bescheinigung der Krankenkasse über den Bezug von Krankengeld zur Vorlage beim Finanzamt vom 1. März 2010 heißt es, dass der Kläger von ihr Krankengeld einschließlich der Versichertenanteile zu den Beiträgen zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung erhalten habe. Ab 1. April 2009 war der Kläger bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit wieder als Journalist tätig. Für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juni 2009 gewährte die B. G. dem Kläger kein Krankengeld, weil der Anspruch hierauf wegen der Erzielung von Arbeitseinkommen aus seiner Tätigkeit als Journalist geruht habe.
Am 3. Januar 2009 wandte sich der Kläger mit einer E-mail an die Beklagte und fragte an, ob er ab 2009 einen höheren Beitrag einzahlen könne, da sich auch sein Verdienst erhöhen würde. In der Akte der Beklagten findet sich ein Telefonvermerk, dass mit dem Kläger am 7. Januar 2009 hierüber telefonisch gesprochen worden sei. Der Kläger zahlte letztmalig am 8. Januar 2009 14,95 EUR als Beitrag bei der Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Versicherungs-verhältnis am 31. Januar 2009 geendet habe. Er sei seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen, so dass er nunm...