Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung

 

Orientierungssatz

1. Mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich ist ein Versicherter nicht teilweise erwerbsgemindert i. S. von § 43 Abs. 1 S. 2 SGB 6.

2. Damit ist der Versicherte erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Dies erfordert nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB 6, dass er außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

3. Kann ein Versicherter nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten unter Ausschluss von solchen in Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit Ganzkörpervibration, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr und an laufenden Maschinen, Arbeiten im Akkord, am Fließband, im Schichtsystem, unter Zeitdruck, ohne häufigen Publikumsverkehr und nur in geschlossenen Räumen, so ist das Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu verneinen. Die Gewährung von Erwerbsminderungsrente ist damit ausgeschlossen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. September 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) hat.

Die am 1961 geborene Klägerin absolvierte nach dem Besuch der Polytechnischen Oberschule vom 01. September 1978 bis zum 30. April 1980 eine Lehre als Zerspanungsfacharbeiterin (Facharbeiterbrief vom 30. April 1980). Vom 01. Mai 1980 bis zum 30. Juni 1986 war sie als Heimerzieherin im Lehrlingswohnheim der Betriebsberufsschule des VEB W. M tätig und erwarb mit Datum vom 28. November 1984 den Fachschulabschluss Erzieher für Jugendheime. Vom 02. September 1985 bis zum 04. Juli 1986 war die Klägerin an die Bezirksparteischule M. delegiert, an der sie anschließend bis zum 31. Januar 1990 zunächst als Assistentin und später als Lehrerin beschäftigt war. Ab dem 01. Februar 1990 kehrte sie in ihre Tätigkeit als Heimerzieherin beim VEB W. zurück, die sie bis zum 31. Oktober 1990 ausübte. Vom 01. November 1990 an war die Klägerin als Internatsleiterin tätig und wurde mit Ablauf des 31. Dezember 2002 arbeitslos. Sie bezog Arbeitslosengeld bis zum 03. Dezember 2003 und war anschließend (wegen einer Schilddrüsenerkrankung) arbeitsunfähig erkrankt.

Die Klägerin musste sich im Jahre 1998 wegen einer Morbus-Basedow-Erkrankung (Entzündung der Schilddrüse) einer subtotalen Schilddrüsenresektion beidseits unterziehen, am 27. Juli 2004 wurde sie an der Brustwirbelsäule operiert und führte deshalb vom 21. Oktober 2004 bis zum 11. November 2004 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einer Klinik in durch.

Am 02. März 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab dazu an, dass sie seit 1994 unter Wirbelsäulen-Schmerzen und Blockierungen leide, die seit dem Jahre 2003 zugenommen hätten. Die Beklagte zog verschiedene medizinische Unterlagen bei, darunter den Entlassungsbericht der Rehabilitationseinrichtung in B. vom 22. November 2004. Darin sind als Diagnosen ein Status nach Bandscheibenoperation in Höhe TH 9/10 (Brustwirbelsäule) am 27. Juli 2004, ein bekannter Morbus Basedow mit einer Radiojodtherapie im Jahre 2003 sowie ein polytop vertebragenes (mehrere Stellen der Wirbelsäule betreffendes) Syndrom komplexer Genese aufgeführt. Die Klägerin könne ihren bisherigen Beruf als Internatsleiterin noch sechs Stunden und mehr ausüben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie noch mittelschwere Arbeiten ebenfalls sechs Stunden und mehr verrichten. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen. Nach dem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 06. April 2005 wurde bei der Klägerin anlässlich einer Untersuchung mit dem Magnetresonanztomografen (im Januar 2005) ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule (HWS) mit Tangierung des Myelons diagnostiziert (HWK 5/6).

Sodann ließ die Beklagte den Facharzt für Orthopädie Dr ...P. das Gutachten vom 13. Juli 2005 erstellen. Er diagnostizierte bei der Klägerin ein wiederkehrendes Cervicobrachialsyndrom rechts bei bekanntem Bandscheibenvorfall ohne neurologische Ausfallerscheinungen. Es bestünden mäßiggradige Funktionseinschränkungen der HWS, eine endgradige Funktionseinschränkung der LWS sowie eine Insuffizienz der Rücken- und Bauchmuskulatur. In ihrer letzten Tätigkeit als Internatsleiterin könne sie noch 3 bis unter 6 Stunden arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin noch leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Überkopfarbeiten, Arbeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Arbeiten mit Ganzkörperv...

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