Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Verrechnung von Beitragsforderungen mit Leistungen des Rentenversicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger kann nach § 52 SGB 1 mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB 1 die Aufrechnung zulässig ist. U. a. mit Beitragsansprüchen kann gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden, wenn der Leistungsberechtigte dadurch nach dem SGB 12 nicht hilfebedürftig wird.
2. Die Pfändungsfreigrenzen müssen bei der Verrechnung gemäß § 51 Abs. 2 SGB 1 nicht beachtet werden.
3. Bei der Aufrechnung hat der Gesetzgeber eine von den zivilprozessualen Regelungen abweichende Privilegierung von Sozialleistungsträgern eingeräumt. Auch dann, wenn unpfändbare Gegenstände nach § 36 Abs. 1 InsO nicht Gegenstand der Insolvenzmasse werden, ist die Möglichkeit der Aufrechnung gegeben.
4. Im Rahmen des dem Leistungsträger eingeräumten Ermessens sind die Bedarfsberechnungen des Grundsicherungs- bzw. Sozialhilfeträgers zu beachten.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Einstellung der Verrechnung einer Forderung der Beigeladenen mit seinem Rentenanspruch.
Der am ... 1946 geborene Kläger beantragte am 16. November 2010 die Gewährung einer Regelaltersrente, die ihm die Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2011 ab 1. März 2011 in Höhe von 651,06 EUR (Zahlbetrag ab 1. März 2011) bewilligte.
Bei dem damaligen Rentenversicherungs-Kontoführer, der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt ging bereits am 14. September 1999 eine Ermächtigung zur Verrechnung gemäß § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) ein. Darin machte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, die B. Ersatzkasse, eine Forderung von 32.356,96 DM einschließlich Säumniszuschlägen geltend. Die Forderung resultierte aus rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen bzw. Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) eines durch den Kläger betriebenen Bestattungsinstituts. Im Jahre 2006 wurde die Beklagte Rentenversicherungs-Kontoführer. Mit einem am 4. Januar 2011 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 28. Dezember 2010 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung bestehender Beitragsforderungen für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 31. August 1998. Dabei wurde ein Betrag von insgesamt 33.651,33 EUR mitgeteilt, in dem 20.621,20 EUR Säumniszuschläge (bis zum 28. Dezember 2010) enthalten waren. Am 10. März 2011 legte die Beigeladene der Beklagten weitere Unterlagen hinsichtlich ihrer Forderung und den bisher erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen einschließlich des Beitragsbescheides vom 12. Juli 2007 vor.
Mit Schreiben vom 28. März 2011 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Verrech-nung gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I an. Es liege ein Verrechnungsersuchen der Beigeladenen vor. Es sei beabsichtigt, monatlich 325,53 EUR zur Verrechnung einzubehalten. Dieser Betrag errechne sich aus der Hälfte der zuerkannten Altersrente nach Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Soweit der Kläger durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden sollte, sei eine Bedarfsbescheinigung des zuständigen Hilfeträgers vorzulegen.
Der Kläger reichte am 21. April 2011 eine Bedarfsbescheinigung des Amtes für Soziales und Integration der Stadt D.-R. vom 15. April 2011 ein. Hieraus ergab sich, dass der Kläger über ein monatliches Einkommen von 133,56 EUR über dem Bedarf, bestehend aus Regelsatz und Kosten der Unterkunft und Heizung, verfüge. Daraufhin verrechnete die Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 2011 ab 1. Mai 2011 gegenüber dem Kläger einen Betrag von 133,56 EUR der monatlichen Rente. Dieser Betrag werde einbehalten. Dagegen legte der Kläger am 25. Mai 2011 Widerspruch ein. Die zur Verrechnung gestellte Beitragsforderung belaufe sich auf 13.400,00 EUR. Säumniszuschläge seien von der Verrechnungsermächtigung nicht erfasst. Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass von dem Einbehalt aufgrund des eingelegten Widerspruchs zunächst abgesehen werde. Bereits einbehaltene Beträge für die Monate Mai bis Juli 2011 in Höhe von insgesamt 400,68 EUR wurden an den Kläger nachgezahlt. Dieser legte am 6. Juli 2011 eine neue Bedarfsberechnung des Amtes für Soziales und Integration der Stadt D.-R. vom 7. Juni 2011 vor. Hieraus ergab sich ein Einkommen von 100,12 EUR über dem sozialhilferechtlich anzuerkennenden Bedarf. Nach Auffassung des Klägers sei eine Verrechnung aber ausgeschlossen, da tatsächlich höhere Unterkunftskosten und Versicherungsbeiträge anfallen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2011 entsprach die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise. Die monatlic...