Entscheidungsstichwort (Thema)
Knappschaftsausgleichsleistung. Wartezeiterfüllung. Untertagetätigkeit. Ausgleichsleistungs- bzw Bergmannsvollrentenbezug. Beitrittsgebiet
Orientierungssatz
1. Entgegen der systematischen Stellung des § 239 Abs 1 S 2 SGB 6 vor der eine Anrechnung von Anpassungsgeldbezugszeiten auf die 25jährige Wartezeit regelnde Bestimmung des § 239 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 6 ist der Bezug von Bergmannsvollrente dem Anpassungsgeldbezug hinsichtlich der Erfüllung der wartezeitrechtlichen Voraussetzung für den Bezug von Knappschaftsausgleichsleistung gleichzustellen.
2. Beginnt der Bezug der Bergmannsvollrente bereits vor Aufgabe der Untertagebeschäftigung bzw der Entlassung des Arbeitnehmers aus dem Bergbau, kann frühestmöglicher Zeitpunkt der Anrechnung des Bergmannsvollrentenbezugs auf die Wartezeit des § 239 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 6 die endgültige Aufgabe der Untertagebeschäftigung durch den Versicherten sein.
3. Hat der Bezug des Anpassungsgeldes bzw der Bergmannsvollrente nach Vollendung des 50. Lebensjahres, aber vor Vollendung des 55. Lebensjahres begonnen, sind diese Leistungsbezüge auch über das 55. Lebensjahr hinaus auf die 25jährige Wartezeit des § 239 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 6 anrechenbar.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Knappschaftsausgleichsleistung (KAL).
Der ... 1938 geborene Kläger war ab dem 1. September 1952 bei dem VEB M-Bergbau-Kombinat beschäftigt, davon mit Unterbrechungen im Gesamtzeitraum 1. September 1952 bis 15. August 1976 und dann wiederum vom 1. Januar 1990 bis 30. April 1991 insgesamt 267 Monate (22 Jahre, 3 Monate) unter Tage. Ab Mai 1991 befand sich der Kläger in Kurzarbeit Null; zum 31. Dezember 1991 wurde das Arbeitsverhältnis wegen der Stilllegung des Kupferbergbaus arbeitgeberseitig gekündigt mit anschließender Arbeitslosigkeit des Klägers. Seit dem 1. Januar 1988 bezog der Kläger eine Bergmannsvollrente, welche ab dem 1. Januar 1992 von der Beklagten in eine Rente für Bergleute umgewertet worden ist (Rentenbescheid vom 19. November 1992).
Mit Schreiben vom 27. Februar 1992 und 26. Februar 1996 wies der Kläger auf das Auslaufen seines Arbeitslosengeldanspruchs hin und beantragte die Gewährung von KAL. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19. April 1996 die Gewährung von KAL ab mit der Begründung, der Kläger sei lediglich aus einem knappschaftlich versicherten, jedoch nicht aus einem knappschaftlichen Betrieb ausgeschieden. Zudem habe er die Wartezeit von 25 Jahren (300 Monate) mit ständigen Arbeiten unter Tage nicht erfüllt, da er nur 267 Monate an Untertagetätigkeiten zurückgelegt habe. Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 10. Mai 1996 Widerspruch und trug vor, er habe die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von KAL erfüllt, da er nach Vollendung des 50. und vor Vollendung des 55. Lebensjahres aus einem knappschaftlichen Betrieb, bei welchem er zuletzt eine Untertagebeschäftigung ausgeübt habe, ausgeschieden sei. Er erfülle auch die Wartezeit von 25 Jahren, da auf die Wartezeit Anrechnungszeiten wegen des Bezugs von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus, die zuletzt eine Untertagebeschäftigung ausgeübt hätten, angerechnet werden müssten. Nach der gesetzlichen Regelung stünde dem Bezug von Anpassungsgeld der Bezug von Bergmannsvollrente für längstens 5 Jahre gleich.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 1996 als unbegründet zurück und verwies abermals auf die Nichterfüllung der Wartezeit von 25 Jahren. Die Überbrückungswirkung des Bezuges der Bergmannsvollrente bezöge sich lediglich auf Versicherte, die nach Vollendung des 50., aber vor Vollendung des 55. Lebensjahres wegen Krankheit ihre Untertagebeschäftigung in einem knappschaftlichen Betrieb hätten aufgeben müssen. Da der Kläger seine Untertagebeschäftigung nicht wegen Krankheit habe aufgeben müssen, sei der Bezug der Bergmannsvollrente für die Erfüllung der besonderen wartezeitrechtlichen Voraussetzungen nicht von Bedeutung.
Der Kläger hat am 11. Oktober 1996 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und abermals darauf verwiesen, dass er nach seiner Auffassung durch die anzurechnende Bergmannsvollrente die Wartezeit von 25 Jahren für die Gewährung von KAL erfüllt habe.
Mit Rentenbescheid vom 5. Februar 1998 hat die Beklagte dem Kläger ab dem 1. Februar 1998 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit bewilligt.
Mit Urteil vom 26. August 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, KAL könne nicht gewährt werden, da der Kläger die Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten auf Grund einer Beschäftigung unter Tage nicht erfüllt habe. Der Kläger habe nur 267 Monate an Untertagetätigkeiten zurückgelegt. Der Bezug der Bergmannsvollrente stehe dem Bezug von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus zwar gleich, da andernfalls eine Gleichstellung der Versicherten in den neuen Bundesländern, in ...