Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammentreffen von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. abgesenkter Freibetrag für das Beitrittsgebiet. Rechtsgrundverweisung. Änderungen durch das RVNG. FZR-Beiträge. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 enthält eine Rechtsgrundverweisung auf § 84a S 1, 2 BVG und keine bloße Verweisung auf die Rechtsfolge dieser Vorschrift.

2. Die Deutung der in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB 6 vorgenommenen Verweisung als Rechtsfolgenverweisung würde zudem nicht dem Zweck der Änderung mit dem Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1791) gerecht, jedenfalls nicht für die Berechtigten aus den früheren Bundesländern, den Freibetrag nach einem abgesenkten Grundrentenbetrag zu bemessen.

3. § 93 Abs 3 SGB 6 ist nicht verfassungswidrig (vgl BSG vom 31.3.1998 - B 4 RA 49/96 R = BSGE 82, 83 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 und BSG vom 29.7.2004 - B 4 RA 51/03 R = SozR 4-2600 § 93 Nr 5).

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 27. September 2001 und die Bescheide der Beklagten vom 12. September 1995, 28. Juni 1996 und 4. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1998 werden abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 22. März 1994 bis zum Juni 1998 eine höhere Rente nach einem Monatsbetrag einschließlich des Unterschiedsbetrages zwischen der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz für das Beitrittsgebiet und der Grundrente für das übrige Bundesgebiet bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 40 v.H. zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge und das Vorverfahren zu einem Drittel zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Rentenhöhe beim Zusammentreffen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Mit Bescheid vom 12. September 1995 bewilligte die Beklagte dem 1944 geborenen Kläger, der von November 1972 bis Juni 1990 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt hatte, eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Zeit vom 22. März 1994 bis zum 30. November 1996. Einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lehnte sie ab. Bei der Festsetzung des Rentenanspruchs berücksichtigte sie, dass der Kläger bereits eine Rente von der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 40 v. H. aufgrund von Unfällen in den Jahren 1975, 1979 und 1987 erhielt. Zum 1. Juli 1990 wurden die Unfallrenten des Beitrittsgebietes einheitlich auf der Grundlage eines monatlichen durchschnittlichen Bruttoarbeitsverdienstes von 1.140 DM (jährlich 13.680 DM) neu festgesetzt. Dieser Jahresarbeitsverdienst (JAV) wurde seither fortlaufend angepasst. Ab Januar 1994 betrug er 28.581,52 DM. Auf dieser Grundlage ermittelte die Beklagte den Regelgrenzbetrag im Sinne von § 93 Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) mit 1.111,56 DM. Dieser Betrag ergibt sich durch Multiplikation eines Zwölftels des JAV mit dem Rentenartfaktor der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, hier 0,6667 für die Rente wegen Berufsunfähigkeit und überstieg - auch weiterhin - den Mindestgrenzbetrag. Die Summe der Rentenbeträge aus gesetzlicher Rentenversicherung und gesetzlicher Unfallversicherung nach Abzug einer Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 40 v. H. (209,00 DM) überstieg diesen Grenzbetrag um 194,07 DM, wobei die Beklagte von dem verminderten Wert für eine Grundrente im Beitrittsgebiet gemäß § 31 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit dem Einigungsvertrag ausging. Um diesen Betrag von 194,07 DM minderte die Beklagte den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, woraus sich ein Rentenanspruch von 685,36 DM (brutto) - nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrages 642,53 DM (netto) - ergab. Im Rahmen späterer Anpassungen entwickelten sich die in diese Anrechnung eingehenden bzw. daraus hervorgehenden Größen wie

folgt:

Zeitraum

Grundrente

JAV

Grenzbetrag

Minderung

Brutto-Rente

Netto-Rente

ab 1.7.94

215 DM

29.567,58 DM

1.149,91 DM

201,96 DM

707,81 DM

661,80 DM

ab 1.1.95

221 DM

30.389,56 DM

1.181,87 DM

207,62 DM

727,47 DM

676,56 DM

ab 1.7.95

226 DM

31.173,61 DM

1.212,37 DM

212,73 DM

745,57 DM

694,13 DM

ab 1.1.96

236 DM

32.526,54 DM

1.264,99 DM

222,15 DM

778,09 DM

724,40 DM

ab 1.7.96

237 DM

32.734,71 DM

1.273,08 DM

229,80 DM

782,58 DM

723,89 DM

ab 1.7.97

249 DM

34.459,83 DM

1.340,17 DM

245,16 DM

823,40 DM

760,41 DM.

Ab

7. Dezember 1994 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld. Deshalb setzte die Beklagte den Zahlungsanspruch ab 1. Januar 1995 mit 0,- DM fest. Den Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 22. März bis 31. Dezember 1994 bezifferte...

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