Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung einer Bewegungseinschränkung der Schulter im Unfallversicherungsrecht
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt nach § 56 Abs. 1 SGB 7 voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um mindestens 20 % gemindert ist.
2. Für eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks vorwärts/seitwärts bei freier Rotation ist eine MdE um 20 % angemessen. Bei einer Beweglichkeit nach vorn/seitwärts bis 120 Grad und uneingeschränkter Drehfähigkeit ist von einer MdE um 10 % auszugehen.
3. Kann der Versicherte die Schulter nur noch vorwärts, aber nicht mehr zur Seite über 90 Grad heben, so liegt bei einer Rotationshemmung eine erhebliche Beeinträchtigung der dreidimensionalen Schulterfunktion vor, die eine Bemessung mit einer MdE um 20 % rechtfertigt.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger über den 31. Januar 2004 hinaus Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (vH) zu gewähren ist.
Der 1941 geborene Kläger rutschte am 21. Mai 2003 bei versicherter Tätigkeit von einem Maschinenrahmen ab und zog sich hierbei eine vordere Luxation der linken Schulter mit einem Abbruch des Tuberculum majus (großer Oberarmhöcker am Oberarmknochenkopf) und einer inkompletten Armplexusparese zu.
Nach unter Narkose erfolgter Reposition der Schulter und bis zum 5. Oktober 2003 bestehender Arbeitsunfähigkeit des Klägers veranlasste die Beklagte zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen eine Begutachtung durch den Facharzt f. Chirurgie und Handchirurgie Dr. B. nach ambulanter Untersuchung am 5. Januar 2004. Dieser diagnostizierte als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes, eine Einschränkung der Kraft des linken Armes, eine in Rückbildung befindliche inkomplette untere Armplexusparese links sowie eine knöchern in guter Stellung verheilte Tuberculummajus-Fraktur. Die MdE sei für die Zeit vom 6. Oktober 2003 bis zum 5. Januar 2005 mit einem Grad um 20 vH und danach um 10 vH zu bewerten. Klinisch hielt Dr. B. eine gering verschmächtigte Muskelkappe des vorderen Deltamuskels links, eine geringe Muskelmassenminderung im Bereich des linken Oberarmes (Umfangmaße seitengleich), ein unauffälliges Hautkolorit und eine ebenfalls regelrechte Venenzeichnung beiderseits fest. Bei der Palpation sei in Höhe des Tuberculum majus ein Druckschmerz auslösbar. Im Bereich des V. Fingers der linken Hand bestehe ein Sensibilitätsdefizit, ansonsten sei die Neurologie nicht eingeschränkt. Die periphere Durchblutung sei intakt; der Faustschluss beider Hände sei im Seitenvergleich fest möglich. Den Spitz-, Fein- und Hakengriff führe der Kläger bis auf eine sehr zögerliche Opposition des V. Fingers der linken Hand mit dem Daumen zügig vor. Die aktive Bewegung im linken Schultergelenk sei seitwärts bis maximal 80° möglich; passiv sei die Schulter bis 120° aufdehnbar (Armbewegung rückwärts/vorwärts 30-0-140°, Armdrehung auswärts/einwärts bei anliegendem Oberarm 40-0-90° - Vergleichswerte rechts 40-0-180° bzw. 70-0-90°). Der Nackengriff sei im Gegensatz zum Schürzengriff zögerlich durchführbar. Sonographisch zeige sich ein regelrechter Verlauf der linken Bizepssehne ohne Erguss sowie eine im Seitenvergleich ausgedünnte linke Rotatorenmanschette, die jedoch keine Defekt- und Retraktionszeichen aufweise. Bei seiner Nachuntersuchung am 10. März 2004 gab der Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie des Kreiskrankenhauses G. O. Dr. H. eine auffällige Muskelminderung im Bereich des Musculus supraspinatus und infraspinatus links an. An der lateralen Handkante links habe der Kläger Gefühlsstörungen angegeben; motorische Ausfälle lägen nicht vor. Der Nackengriff sei nahezu vollständig möglich; bei der Ausführung des Schürzengriffs sei eine endgradige Einschränkung links erkennbar. Die Außenrotation des linken Schultergelenkes sei hälftig gestört. Bei der seitwärtigen Bewegung setzten ab 30 bis 40° Ausweichbewegungen ein, ansonsten würden 80° erreicht.
Mit Bescheid vom 9. Juni 2004 erkannte die Beklagte den Unfall mit einer endgradigen Einschränkung der Beweglichkeit im linken Schultergelenk, einer verminderten Kraft des linken Armes sowie geringen Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen im Bereich des V. Fingers links nach konservativ behandelter, knöchern in guter Stellung verheilter Fraktur des Tuberculum majus links mit in Rückbildung befindlicher inkompletter Armplexusparese als Arbeitsunfall an und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 6. Oktober 2003 bis zum 31. Januar 2004 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH. Über diesen Zeitraum hinaus sei die Erwerbsfähigkeit nicht mehr auf einen rentenberechtigenden Grad herabgesetzt.
Hiergegen erhob der Kläger unter Berufung auf die abweichende ärztliche MdE-Bewertung am 1. Juli 2004 Widerspr...