a) Vorwegnahmerecht
Rz. 27
Eine Besonderheit des luxemburgischen Rechts ist das Vorwegnahmerecht (droit de prélèvement) der luxemburgischen Erben.
Rz. 28
Das Vorwegnahmerecht kommt zum Tragen, wenn
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an einem Erbfall sowohl luxemburgische als auch ausländische Staatsangehörige als Miterben beteiligt sind, |
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sich Nachlassgegenstände sowohl in Luxemburg als auch im Ausland befinden und |
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aufgrund des Erbstatuts eine andere Rechtsordnung als das luxemburgische Recht zur Anwendung gelangt, welche dem luxemburgischen Miterben geringere Erbrechte, gleich welcher Art und aus welchem Grund, einräumt, als dies das luxemburgische Erbrecht, wäre es berufen, täte. |
Rz. 29
Sind diese Voraussetzungen gegeben, haben die luxemburgischen Miterben das Recht, im Rahmen der Erbschaftsteilung (siehe Rdn 127) von dem in Luxemburg belegenen Nachlassvermögen einen Anteil in Höhe eines Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlichen Erbteil aufgrund der berufenen Rechtsordnung und dem fiktiven luxemburgischen Erbteil vorwegzunehmen.
b) Testamentarische Erbfolge: Formfragen
Rz. 30
Für die Form letztwilliger Verfügungen gilt traditionell – wie für alle Fragen der Form – die Anknüpfung an die Ortsform (locus regit actum). Luxemburg hat jedoch das Haager Testamentsformübereinkommen ratifiziert. Es gilt in Luxemburg seit dem 5.2.1979, in Deutschland ist es seit dem 1.1.1966 in Kraft. Damit wird eine in Deutschland errichtete, nach deutschem Erbrecht formwirksame letztwillige Verfügung auch in Luxemburg anerkannt und umgekehrt. Luxemburg hat die Vorbehalte nach Art. 9 (Wohnsitzbestimmung nach der lex fori), Art. 10 (grundsätzlich keine Anerkennung mündlicher Testamente) und Art. 12 (Ausschluss von Anordnungen, die aus luxemburgischer Sicht nicht erbrechtlicher Art sind) des Übereinkommens erklärt.
Rz. 31
Art. 75 Abs. 1 UAbs. 2 EuErbVO sieht auch weiterhin die Anwendung des Übereinkommens anstelle der Verordnung ausdrücklich vor, soweit deren Anwendungsbereich eröffnet ist. Für Testamente und gemeinschaftliche Testamente verbleibt es somit bei der Anwendung des Haager Testamentsformübereinkommens. Erbverträge sind nicht vom Haager Übereinkommen umfasst und unterliegen den allgemeinen nationalen Kollisionsnormen. Erbverträge i.S.d. Art. 25 EuErbVO, also im unionsrechtlichen Sinne, unterfallen somit ebenfalls nicht dem Haager Übereinkommen, sondern für sie bleibt es bei der Anwendung von Art. 27 EuErbVO. Da die Verordnung selbst bestimmt (siehe Erwägungsgrund 52), dass Art. 27 der Verordnung der Sache nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens entspricht, ist auch eine einheitliche Auslegung geboten. Auf die Auslegungspraxis des Haager Übereinkommens kann daher auch für Art. 27 EuErbVO zurückgegriffen werden.
c) Gemeinschaftliche Testamente
Rz. 32
Die Abfassung eines gemeinschaftlichen Testaments, welches in Luxemburg gem. Art. 968 Cciv verboten ist (siehe Rdn 119), wird in Luxemburg – entsprechend Art. 4 des Testamentsformübereinkommens – als Formvorschrift aufgefasst. Errichtet ein Luxemburger also in Deutschland mit seinem Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament i.S.d. §§ 2267 ff. BGB, wird dies nach derzeitiger Rechtsprechung in Luxemburg anerkannt. Die Frage der Bindungswirkung wird materiell-rechtlich qualifiziert. Im Zweifel wird sie – entsprechend französischem Vorbild – aufgrund der gesetzlich ausnahmslos angeordneten freien Widerruflichkeit von Testamenten nicht anerkannt. In der luxemburgischen Literatur findet sich, soweit ersichtlich, keine Stellungnahme darüber, ob das gemeinschaftliche Testament unter den weiten Erbvertragsbegriff des Art. 25 EuErbVO oder den des Testaments gemäß Art. 24 EuErbVO qualifiziert wird. Für die parallele Situation in Frankreich geht die französische Literatur weitgehend von einer Subsumption unter Art. 25 EuErbVO aus.
d) Erbverträge, Erbverzichte
Rz. 33
Erbverträge und Erbverzichte sind vom Haager Übereinkommen nicht umfasst. Entsprechend der französischen Auffassung werden sie materiell-rechtlich – und damit dem Erbstatut unterliegend – qualifiziert.
Rz. 34
Art. 25 EuErbVO eröffnet bei Vorliegen dessen Voraussetzungen auch luxemburgischen Erblassern nunmehr die Möglichkeit der Abfassung von Erbverträgen.
e) Auf die Nachlassabwicklung anwendbares Recht
Rz. 35
Kollisionsrechtliche Sonderregelungen für die Nachlassabwicklung gibt es grundsätzlich nicht. Das Erbstatut bestimmt auch die Modalitäten der Eröffnung der Erbfolge, Annahme und Ausschlagung sowie...