a) Gesetzliche Erbfolge
Rz. 50
Der überlebende Ehegatte (conjoint survivant) ist erbberechtigt, soweit die Ehe zwischen ihm und dem Erblasser nicht geschieden ist und kein rechtskräftiges Urteil auf Trennung von Tisch und Bett vorliegt, Art. 767 Cciv.
Rz. 51
Der überlebende Ehegatte ist gesetzlicher Erbe zweiter Ordnung. Hinterlässt der Erblasser neben dem Ehegatten keine Kinder oder sonstigen Abkömmlinge (erste Ordnung), so erbt der Ehegatte den gesamten Nachlass, Art. 767–2 Cciv. Die Verwandten der dritten und vierten Ordnung sind ausgeschlossen. Durch Gesetz vom 17.7.2014 wurde das Recht zur Eheschließung mit Wirkung zum 1.1.2015 auch gleichgeschlechtlichen Paaren eröffnet.
Rz. 52
Hinterlässt der Erblasser neben dem Ehegatten Kinder oder Abkömmlinge, so erben diese entsprechend den nachfolgenden Grundsätze nebeneinander:
Rz. 53
Der überlebende Ehegatte hat die Wahl, entweder das Eigentum an einem Anteil des am wenigsten erhaltenden Kindes am Nachlass zu erhalten, mindestens jedoch ein Viertel, oder den Nießbrauch am von den Ehegatten gemeinsam bewohnten und ihnen gemeinsam oder dem Erblasser allein gehörenden Grundstück sowie an den dazu gehörigen Einrichtungsgegenständen. Im ersteren Fall reduziert sich der Anteil der Kinder um den Erbanteil des Ehegatten, also maximal auf drei Viertel, in letzterem Fall erhalten die Kinder das "nackte" Eigentum (nue propriété) (Art. 767–1 Cciv). Im Fall der Wiederheirat können die Kinder innerhalb von sechs Monaten die Umwandlung des Nießbrauchs in eine Kapitalzahlung verlangen (Umsetzungsrecht).
Rz. 54
Der Ehegatte hat sein Wahlrecht innerhalb von drei Monaten und vierzig Tagen nach Eröffnung der Erbfolge durch Erklärung zu Niederschrift gegenüber dem Bezirksgericht, bei welchem die Erbschaft eröffnet wurde, auszuüben. Im Zweifel gilt der Nießbrauch als gewählt, Art. 767–3 Cciv. Bei Wahl des Nießbrauchs ist innerhalb von 15 Tagen ein Inventarverzeichnis der Einrichtungsgegenstände nach Maßgabe des Art. 767–4 Cciv aufzustellen.
Rz. 55
Unabhängig vom Güterstand gewährt das allgemeine Eherecht dem überlebenden Ehegatten bei Bedürftigkeit einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Nachlass, Art. 205 Cciv.
b) Einfluss des Güterstandes
Rz. 56
Der Güterstand der Ehegatten ist insofern auch erbrechtlich zu berücksichtigen, als er darüber entscheidet, was in den Nachlass fällt.
Rz. 57
Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft (Art. 1400 ff. Cciv), fallen der Anteil des überlebenden Ehegatten am Gesamtgut sowie dessen Eigengut nicht in den Nachlass. Der Gesamtgutsanteil des verstorbenen Ehegatten fällt dagegen in die Nachlassmasse.
Rz. 58
Durch notariellen Ehevertrag kann der gesetzliche Güterstand mannigfach modifiziert werden, z.B. in eine Fahrnis- und Errungenschaftsgemeinschaft, eine allgemeine Gütergemeinschaft, diverse Änderungen über die Zusammensetzung der Gemeinschaft, ihre Verwaltung, Vorwegnahmerechte oder unproportionale Teilungen, Art. 1497 Nr. 1–6 Cciv. Daneben kann auch ein vollständig anderer Güterstand gewählt werden. In der Praxis betrifft dies insbesondere den Güterstand der Gütertrennung, Art. 1536 ff. Cciv. Die dem deutschen gesetzlichen Güterstand ähnliche Teilhabe am Zugewinn (Art. 1569 ff. Cciv) ist dagegen nicht sehr geläufig.
Rz. 59
Durch Vereinbarung einer allgemeinen Gütergemeinschaft (communauté universelle, Art. 1526 Cciv) wird das gesamte eheliche und voreheliche Vermögen der Ehegatten Gesamtgut. Vereinbaren die Ehegatten diesen Güterstand unter Einbeziehung der Zuteilungsklausel gem. Art. 1524 Cciv (clause d'attribution de la communauté au survivant), hat dies zur Folge, dass der Gesamtgutsanteil des erstversterbenden Ehegatten dem Überlebenden kraft Güterrecht anwächst, ohne dass Noterbrechte geltend gemacht werden können sowie ohne erbschaft- oder schenkungsteuerliche Auswirkungen. Einschränkungen bestehen nur beim Vorhandensein erstehelicher Kinder, deren Noterbrechte durch diese Vereinbarung u.U. endgültig ausgeschaltet werden würden, Art. 1527 Abs. 2 Cciv. Diese güterrechtliche Vereinbarung ist in Luxemburg daher relativ häufig anzutreffen.