I. Gesetzliche Erbfolge
1. Erbfähigkeit
Rz. 40
Die Erbfolge wird mit dem Tod des Erblassers eröffnet, Art. 718 Cciv. Die Möglichkeit, Erbe zu werden, setzt also voraus, dass der Erblasser verstorben ist und der potenzielle Erbe oder Vermächtnisnehmer den Erblasser überlebt, Art. 718, 719 Cciv. Nicht erbfähig sind daher der noch nicht Empfangene sowie das nicht lebensfähig geborene Kind, Art. 725 Cciv. Der bürgerliche Tod wurde durch Art. 18 luxemburgische Verfassung abgeschafft.
Rz. 41
Vermutungsregeln bei gleichzeitigem Versterben stellen die Art. 720 ff. Cciv auf: Kommen mehrere Personen, die sich gegenseitig beerben würden, aufgrund gleicher Ursache um, wird deren gleichzeitiges Versterben vermutet (Kommoriententheorie).
Rz. 42
Juristische Personen sind grundsätzlich erbfähig, Einschränkungen ergeben sich jedoch für juristische Personen des öffentlichen Rechts aus Art. 910 Cciv: Sie bedürfen der großherzoglichen Genehmigung. Von der testamentarischen Erbfolge ausgeschlossen sind ferner den Erblasser behandelnde Ärzte, Apotheker und Gesundheitsbeamte nach Maßgabe von Art. 909 Cciv.
2. Grundregeln
Rz. 43
Das luxemburgische Recht unterscheidet vier Ordnungen (ordre) von gesetzlichen Erben (héritiers), Art. 731 Cciv:
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Kinder und sonstige Abkömmlinge des Erblassers; |
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der überlebende Ehegatte; |
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Verwandte in aufsteigender Linie und |
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Verwandte in der Seitenlinie. |
Rz. 44
Grundsätzlich gilt der Vorrang der näheren Ordnung: Sind also Abkömmlinge (erste Ordnung) vorhanden, schließt dies eine Erbschaft der sonstigen Verwandten (dritte und vierte Ordnung) aus. Eine Ausnahme gilt für Abkömmlinge und dem überlebenden Ehegatten, die nebeneinander erben können. Innerhalb einer Erbordnung ist der nähere Verwandtschaftsgrad (degrée) entscheidend. Dieser wird durch die Zahl der Geburten bestimmt, Art. 735 Cciv; mehrere aufeinander folgende Grade bilden eine Linie (ligne). Personen in gerade Linie stammen voneinander ab, Seitenlinie ist die Gradfolge von Personen, die nicht voneinander, sondern von einer gemeinschaftlich dritten Person abstammen, Art. 736 Cciv.
Rz. 45
Ausnahmen von den vorgenannten Grundsätzen der Ausschließlichkeit der vorrangigen Erbordnung und Vorrang des Grades ergeben sich aus dem Prinzip der Repräsentation, die den Eintritt des entfernteren Erben erlauben, Art. 739 ff. Cciv. Zulässig ist sie bei Abkömmlingen (unbegrenzt) sowie in der Seitenlinie zugunsten von Kindern und Abkömmlingen der Geschwister des Erblassers.
Rz. 46
Aus dem französischen Recht übernommen wurde die Institution der fente: Gelangen Verwandte der aufsteigenden Linie oder Seitenverwandte zur Erbfolge, wird der Nachlass in zwei Hälften geteilt: eine väterliche wie eine mütterliche Seite, innerhalb derer sich der Nachlass entsprechend der vorigen Grundsätze nach Graden vererbt. Eine Verteilung der einen Seite auf die andere, d.h. von der mütterlichen zur väterlichen, kommt nur in Betracht, wenn in einer Linie weder Aszendenten noch Seitenverwandte vorhanden sind, Art. 733, 734 Cciv.
3. Gesetzliches Erbrecht der Abkömmlinge
Rz. 47
In der ersten Ordnung erben die Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen, unabhängig davon, ob sie aus derselben Ehe des Erblassers stammen oder nicht. Die Aufteilung des Nachlasses erfolgt nach Köpfen. Wird jedoch ein Kind, z.B. aufgrund Vorversterbens, durch dessen Abkömmlinge repräsentiert, erben sie nach Stämmen, Art. 745 Cciv.
Rz. 48
Ist der Erblasser nicht verheiratet, steht den Abkömmlingen der gesamte Nachlass zu; die Erben der dritten und vierten Ordnung sind ausgeschlossen. Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten, so erbt dieser neben den Abkömmlingen.
Rz. 49
Kinder bzw. Abkömmlinge im Sinne der ersten Erbordnung sind:
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eheliche Kinder, wobei diese nicht aus derselben Ehe des Erblassers hervorgegangen sein müssen; |
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nichteheliche Kinder, soweit die Abstammung aufgrund Anerkennung oder Vater-/Mutterschaftsklage rechtlich festgestellt (Art. 334 Cciv) wurde, Art. 756 ff. Cciv; |
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das zunächst nichteheliche und durch nachfolgende Eheschließung legitimierte Kind (Art. 330 ff. Cciv); |
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beim Adoptivkind ist zu unterscheiden:
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bei der Einfachadoption (adoption simple, Art. 343 ff. Cciv) bleibt der Adoptierte in seiner Familie und behält ihr gegenüber alle Rechte und Pflichten, namentlich au... | |