1. Abgrenzung zu anderen Statuten
a) Geltung der EuErbVO seit 17.8.2015
Rz. 11
Auch für Luxemburg gilt für Erbfälle seit dem 17.8.2015 die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO).
Rz. 12
Zum Anwendungsbereich der EuErbVO, zu ihrem Inhalt und zum Umfang bzw. zur Abgrenzung zu anderen Statuten wird grundsätzlich auf die Ausführungen in § 1 in diesem Buch verwiesen. Im Folgenden sollen nur die Besonderheiten im Zusammenhang mit dem luxemburgischen Recht dargestellt werden.
b) Rechts-, Geschäfts-, Erb- und Testierfähigkeit
Rz. 13
Vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgenommen sind gem. Art. 1 Abs. 2 lit. b) EuErbVO die Fragen der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit natürlicher Personen, die wie früher dem Personalstatut unterliegen. Die Erbfähigkeit unterliegt dagegen gem. Art. 23 Abs. 1 lit. c) EuErbVO dem allgemeinen Erbstatut gem. Art. 21 f. EuErbVO, die Testierfähigkeit dem Errichtungsstatut des Art. 24 EuErbVO. Vom Errichtungsstatut gem. Art. 26 Abs. 1 lit. b) EuErbVO umfasst werden die besonderen Gründe, aufgrund derer die Person, die die Verfügung von Todes wegen errichtet, nicht zugunsten bestimmter Personen verfügen darf, z.B. die Frage, inwieweit der Erblasser über sein Vermögen durch letztwillige Verfügung frei disponieren darf und welchen Beschränkungen er unterliegt. Zu unterscheiden sind diese wiederum von den allgemeinen Beschränkungen der Verfügungsfreiheit, die sich beispielsweise aus dem Pflichtteils- und Noterbrecht ergeben: Jene unterliegen dem allgemeinen Erbstatut. Dagegen richten sich die Beschränkungen der Einsetzbarkeit bestimmter Personengruppen oder Personen nach dem Errichtungsstatut. Dies betrifft in Luxemburg insbesondere die Vorschriften, die dem Testator die Einsetzung von bei der Testamentserrichtung mitwirkenden Ärzten, Apothekern und Beamten im Gesundheitswesen verbieten, ferner Verfügungen zugunsten des Vormunds und staatlicher Behörden, Art. 907, 909 und 910 CCiv.
c) Schenkungen, unentgeltliche Zuwendungen
Rz. 14
Unentgeltliche Zuwendungen sind nach Art. 1 Abs. 2 lit. g) EuErbVO vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgenommen. Für sie gilt die Rom I-Verordnung mit ihren Rechtswahlmöglichkeiten. Für unbenannte Zuwendungen von Ehegatten gilt für ab dem 29.1.2019 geschlossene Ehen die Güterrechtsverordnung (EuGüVO), für vorher geschlossene Ehen das güterrechtliche Kollisionsrecht, Art. 15 EGBGB. Art. 23 Abs. 2 lit. i) EuErbVO stellt allerdings klar, dass die Ausgleichung und Anrechnung unentgeltlicher Zuwendungen bei der Bestimmung der Anteile der einzelnen Berechtigten im Erbfall vom Erbstatut geregelt werden. Das Gleiche gilt gem. Art. 23 Abs. 2 lit. h) EuErbVO für den verfügbaren Teil des Nachlasses und die Pflichtteile.
Rz. 15
Problematisch ist die Zuordnung dann, wenn der Erblasser bereits lebzeitige Verfügungen von Todes wegen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an künftige Erben vorgenommen hatte und diese lebzeitige Zuwendung Auswirkungen im Todesfall hatte. Schon im bisherigen Recht wurden die Ausgleichung und Anrechnung, ferner die Frage, inwieweit Noterbrechte etc. greifen, dem Erbstatut zugeordnet. Gleiches gilt auch nach Geltung der EuErbVO.
d) Güterrechtsstatut
Rz. 16
Nach Art. 1 Abs. 2 lit. d) EuErbVO sind Fragen des ehelichen Güterrechts sowie des Güterrechts aufgrund von Verhältnissen, die nach dem auf diese Verhältnisse anzuwendenden Recht mit der Ehe vergleichbare Wirkungen entfalten, vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgeschlossen. Andererseits bestimmt Art. 23 Abs. 2 lit. b) EuErbVO, dass dem Erbstatut die Nachlassansprüche des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners unterliegen.
Rz. 17
Auch nach dem bisherigen luxemburgischen internationalen Privatrecht wird das Güterrechtsstatut gesondert angeknüpft, und zwar auf der Basis des Haager Übereinkommens über das auf die Ehegüterstände anwendbare Recht vom 14.3.1978: In erster Linie entscheidet das von den Ehegatten gewählte Recht; möglich zu wählen sind namentlich das Heimatrecht eines Ehegatten oder das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Rechts des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts eines Ehegatten nach der Eheschließung sowie das Belegenh...