1. Zuständigkeit deutscher Gerichte
Rz. 162
Verstirbt ein luxemburgischer Staatsangehöriger mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland und/oder Hinterlassung von Vermögen in Deutschland, kann ein deutsches Nachlassverfahren notwendig sein.
Rz. 163
Ein deutsches Nachlassgericht ist international zuständig, wenn deutsches materielles Erbrecht zur Anwendung gelangt, also bei letztem gewöhnlichem Aufenthalt des Erblassers in Deutschland. Es gelten die Art. 4 ff. EuErbVO.
2. Erbschein
Rz. 164
Es ist zu unterscheiden: Hatte der luxemburgische Staatsangehörige seinen letzten Wohnsitz in Deutschland, findet deutsches Erbrecht Anwendung (siehe näher Rdn 12). Es ist ein Eigenrechtserbschein gem. § 2353 BGB zu erteilen.
Rz. 165
Hatte der Luxemburger seinen letzten Wohnsitz dagegen nicht in Deutschland, sondern z.B. in Luxemburg, hinterlässt aber ein Grundstück in Deutschland, ist ein gegenständlich beschränkter Fremdrechtserbschein – beschränkt auf den in Deutschland belegenen Grundbesitz – zu erteilen: Denn es gilt aus deutscher Sicht luxemburgisches Erbrecht für die gesamte Erbfolge.
Rz. 166
Fraglich ist, wie der Fremdrechtserbschein in diesem Falle inhaltlich zu erteilen ist. Da es in dieser Konstellation zur Anwendung luxemburgischen Erbrechts kommt, fragt es sich, ob und inwieweit luxemburgische Verfügungsbeschränkungen des Erben in den Erbschein aufzunehmen sind:
Rz. 167
Der gesetzliche Nießbrauch des überlebenden Ehegatten wird nach Ansicht der Rechtsprechung und Teilen der Literatur nicht im Erbschein aufgeführt, sondern wird als Vermächtnis qualifiziert. Für die Aufnahme in den Erbschein spricht allerdings seine automatische Entstehung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Hat der Ehegatte sein Wahlrecht zwischen Nießbrauch und Volleigentum noch nicht geltend gemacht, sollte ein Erbschein nicht erteilt werden. Das Gericht dürfte gehalten sein, vor Ablauf der gesetzlichen Frist eine entsprechende Anfrage bei den Erben und dem Ehegatten zu stellen sowie die Antwort abzuwarten. Im Zweifel gilt sodann – mangels Antwort – der gesetzliche Nießbrauch als gewählt (siehe Rdn 54).
Rz. 168
Nicht abschließend geregelt ist auch die Problematik, wenn Noterben ihre Noterbrechte (noch) nicht durch Herabsetzungsklage geltend gemacht haben. Nach wohl h.M. wird die Noterbenstellung als Hinweis in den Erbschein aufgenommen mit der Folge, dass ein Gutglaubenserwerb Dritter nicht mehr möglich ist. Anderer Meinung zufolge kann die Aufnahme in den Erbschein unterbleiben, wenn die Erben ihre Rechte nicht in angemessener Frist geltend gemacht haben. M.E. steht den Noterben aber gerade eine gesetzliche Frist von fünf Jahren zur Geltendmachung zu; so lange muss auch ein entsprechender Hinweis im Erbschein erfolgen.
3. Europäisches Nachlasszeugnis
Rz. 169
Neben der Erstellung des Erbscheins kann stattdessen ein Europäisches Nachlasszeugnis gem. Art. 62 ff. EuErbVO erteilt werden. Zu den vorstehenden Fragen (vgl. Rdn 167 f.).