Philipp Simon, Julie Warnecke
a) Vererblichkeit der Gesellschaftsanteile und ihre Grenzen
Rz. 67
Anteile sind frei, ohne Zustimmung der überlebenden Gesellschafter, übertragbar auf Nachkommen und auf den überlebenden Ehegatten sowie, wenn die Satzung dies vorsieht, auf die anderen gesetzlichen Erben, es sei denn, die Satzung sieht etwas anderes vor (Art. 710–12 Abs. 2 LSC).
Rz. 68
Für die Vererbung gelten folgende Grenzen:
Zustimmung der Gesellschafter: Mit Ausnahme der in Rdn 67 beschriebenen Fälle unterliegen Übertragungen von Anteilen im Todesfall der Zustimmung der Generalversammlung der Gesellschafter, die wenigstens ¾ des Kapitals vertreten. Erben oder Vermächtnisnehmer, die nicht zugelassen worden sind und keinen Käufer gefunden haben, der die Voraussetzungen erfüllt, können, drei Monate nach Zustellung einer Mahnung durch einen Gerichtsvollzieher an die Geschäftsführer zusammen mit einer Mitteilung per Einschreiben an die Gesellschafter, die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft bewirken. Während dieser drei Monate können die Anteile jedoch entweder von den anderen Gesellschaftern auf freiwilliger Basis oder von einem von ihnen genehmigten Dritten bzw. von der Gesellschaft selbst erworben werden, wenn sie die Bedingung für den Erwerb ihrer eigenen Anteile erfüllt (Art. 710–12 Abs. 2 LSC).
Rückkaufpreis: Der Rückkaufpreis der Anteile wird auf Basis der durchschnittlichen Bilanz der drei letzten Jahre berechnet und, falls die Gesellschaft noch keine drei Geschäftsjahre zählt, auf Basis der Bilanz des letzten Jahres oder der beiden letzten Jahre. Sollten keine Gewinne ausgeschüttet worden sein oder sollte keine Einigung über die Anwendung der Rückkaufsgrundlagen zustande kommen, so wird der Preis im Falle einer Nichteinigung gerichtlich festgesetzt (Art. 710–12 Abs. 2 LSC).
Ausübung der Rechte: Die Ausübung der an den Anteilen des Verstorbenen gebundenen Rechte wird vorläufig aufgehoben, bis die Übertragung dieser Rechte der Gesellschaft gegenüber geltend gemacht worden ist.
Gemäß Art. 710–12 Abs. 5 LSC gilt jede von diesem Artikel abweichende Klausel als nicht verfasst. Dies bedeutet, dass in Bezug auf die Vererbung lediglich dann von Art. 710–12 Abs. 2 LSC abgewichen werden kann, wenn dieser dies ausdrücklich gestattet, und dass im Übrigen die Bestimmungen zwingendes Recht sind.
b) Praktische bzw. sinnvolle Nachfolgeregelungen
Rz. 69
Bei kleinen und mittleren Unternehmen kommt es vor, dass Anteilseigentümer die Übernahme der Firma durch ihren Nachfolger vorbereiten, indem sie diesem schon das bloße Eigentum an ihren Anteilen mit der entsprechenden Verfügungsbefugnis übergeben und sich selbst den Nießbrauch, d.h. das Recht auf die Gewinne, vorbehalten. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Lösung – jedenfalls dann, wenn die Nachfolger nicht die eigenen Nachkommen sind – besteht darin, dass die Gebühren für diese Art von Schenkung niedriger sind als die Erbschaftsteuer.
c) Verfahren im Erbfall und praktischer Ablauf
Rz. 70
Der Notar besorgt sich zuerst einen Todesschein, der ihm erlaubt, beim Register über letztwillige Verfügungen zu überprüfen, ob der Verstorbene eventuell ein Testament hinterlassen hat. Im Fall einer positiven Antwort veranlasst er die Registrierung des Testaments bei der zuständigen Behörde. Des Weiteren erstellt der Notar eine Offenkundigkeitsurkunde ("acte de notoriété"), die offenbart, wer was geerbt hat aufgrund entweder der gesetzlich festgelegten Nachfolgeregeln oder der im Testament enthaltenen Verfügungen. Diese Urkunde wird der Gesellschaft übermittelt und die Regelungen des Art. 710–12 Abs. 2 LSC finden dann Anwendung (siehe Rdn 67 f.).