Rz. 85

Der geschiedene Ehegatte ist von Rechts wegen von der gesetzlichen Erbschaft seines Ehepartners ausgeschlossen. Vor der Reform von 2018 verlor der Ehegatte, gegen den die Scheidung ausgesprochen wurde, das Anrecht auf die ihm gemachten Schenkungen und Vorteile seitens seines Ehepartners. Schenkungen zugunsten des unschuldig geschiedenen Ehepartners wurden nicht berührt. Das Gleiche galt für Schenkungen zwischen den Ehepartnern im Fall einer Scheidung, welche nicht auf dem Schuldprinzip beruhte (z.B. bei einer Scheidung im gegenseitigen Einverständnis). Seit der Reform von 2018 ist der Verlust der Schenkungen und Vorteile nicht mehr automatisch vorgesehen, sondern erfolgt nur auf Antrag des Ehepartners und wenn der andere Ehegatte wegen bestimmter Straftaten (siehe Rdn 65) rechtskräftig verurteilt wurde. Diesbezüglich legt das neue Gesetz nicht fest, ob das Gericht dem Antrag immer stattgeben muss oder ob der Familienrichter über einen Ermessensspielraum verfügt. Schenkungen, die in einem Ehevertrag festgelegt worden sind, können nicht einseitig widerrufen werden. Solche Schenkungen sind unwiderruflich. Dies gilt nicht für Schenkungen, die während der Ehe außerhalb eines Ehevertrages gemacht wurden. Diese können einseitig widerrufen werden. Schenkungen im Rahmen oder außerhalb eines Ehevertrages bleiben unberührt, wenn die Ehe durch den Tod eines Partners aufgelöst wird. Das Scheidungsrecht bestimmt nur den Ausschluss eines geschiedenen Gatten von der gesetzlichen Erbschaft. Es bleibt einem geschiedenen Ehegatten theoretisch die Möglichkeit, seinem früheren Partner testamentarische Vermächtnisse zu machen.

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