Robert Kayser, Monique Watgen
I. Trennung
1. Voraussetzungen
Rz. 40
Der Trennung der Eheleute kann ein Scheidungsverfahren folgen, dies ist aber nicht zwingend der Fall. Die Trennung der Ehegatten ist meistens der erste Schritt eines Scheidungsverfahrens. Der Gatte, der sich von seinem Partner trennt, kann beim Familienrichter das Recht beantragen, von seinem Ehepartner getrennt zu wohnen, und – falls er kein ausreichendes persönliches Einkommen hat – eine Alimentenrente, die vom anderen Ehegatten zu zahlen ist. Er kann auch ein vorläufiges Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder beantragen. Die Trennung der Ehegatten kann aber auch ohne Scheidungsabsicht in gegenseitigem Einverständnis vollzogen werden, weil ein Ehegatte die Lebensgemeinschaft beenden will.
2. Rechtsfolgen
Rz. 41
Nach der Trennung der Ehegatten kann ihre Lebensgemeinschaft nicht mehr auf Antrag des verlassenen Ehegatten wiederhergestellt werden. Die unbegründete Aufgabe der Lebensgemeinschaft liefert lediglich dem verlassenen Ehepartner einen Scheidungsgrund. Der Ehepartner, der die Trennung herbeigeführt hat, kann nur dann eine Alimentenrente von seinem Ehegatten verlangen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt (siehe Rdn 63).
Rz. 42
Der Hausrat wird nicht gesondert zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Das Gericht kann aber auf Antrag eines Ehepartners anordnen, dass ihm einige zum Leben notwendige Hausmöbel im Voraus zugeteilt werden.
II. Scheidungsgründe
1. Scheidungsarten
Rz. 43
Das luxemburgische Scheidungsrecht kennt nach der Einführung des Gesetzes vom 27.6.2018 ("Reform von 2018") für Scheidungsverfahren, welche nach dem 31.10.2018 eingeleitet wurden, noch zwei Scheidungsarten. Es handelt sich (1) um die Scheidung in gegenseitigem Einverständnis und (2) um die Scheidung bei endgültiger Zerrüttung des Ehebandes ("Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip").
Bis zum Inkrafttreten der Reform von 2018 kannte das Scheidungsrecht drei Scheidungsarten, darunter die Scheidung nach dem Schuldprinzip. Diese Scheidungsart besteht weiter für Scheidungsverfahren, welche vor dem 1.11.2018 gerichtlich eingeleitet wurden.
a) Die Scheidung in gegenseitigem Einverständnis
Rz. 44
Vorbedingung für diese Scheidungsart ist, dass die Eheleute eine Urkunde aufsetzen lassen von einem Notar oder Rechtsanwalt bezüglich der Teilung ihres Vermögens und ihre jeweiligen Rechte diesbezüglich regeln. Bei Immobiliarvermögen muss die Urkunde zwingend von einem Notar aufgesetzt werden. Wenn kein auf die Ehegatten aufzuteilendes Vermögen besteht, geben die Eheleute eine entsprechende Erklärung in der Vereinbarung (siehe folgender Absatz) ab. Infolgedessen muss keine notarielle Urkunde erstellt werden.
Des Weiteren wird eine Vereinbarung aufgestellt, in der die Eheleute eine Übereinkunft treffen über:
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ihren zukünftigen getrennten Wohnsitz; |
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das Sorgerecht für ihre gemeinsamen minderjährigen Kinder sowie das Besuchsrecht des Elternteils, welcher nicht das Sorgerecht ausübt, während des Scheidungsverfahrens wie auch nach dem Scheidungsverfahren; |
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den Unterhaltsbeitrag für die Kinder; |
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ggf. die Höhe und die Dauer des Unterhaltsbeitrags, welchen ein Ehegatte seinem Partner zahlen soll. |
Der Unterhalt des Ehepartners ist von Gesetzes wegen nicht mehr geschuldet bei Wiederheirat des Alimentenberechtigten sowie im Falle einer neuen festen Partnerschaft. In den anderen Fällen kann die Alimentenrente später durch das Gericht erhöht oder gemindert werden, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unterhaltsempfängers oder des Unterhaltsschuldners geändert hat.
b) Die Scheidung nach dem Schuldprinzip
Rz. 45
Vor der Reform von 2018 setzte diese Scheidungsart voraus, dass ein Ehepartner sich schwerwiegender Verletzungen der Ehepflichten gegenüber seinem Ehepartner schuldig gemacht hat.
c) Die Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip
Rz. 46
Die Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip konnte vor der Reform von 2018 beantragt werden nach einer freiwilligen Trennung der Ehepartner von wenigstens drei Jahren, wenn diese Trennung auf eine Zerrüttung der Ehe zurückgeführt werden konnte. Die Scheidung konnte auch beantragt werden bei einer Trennung der Eheleute von wenigstens fünf Jahren infolge einer unheilbar scheinenden Geisteskrankheit eines Ehepartners, welche ein Fortführen der Ehe unzumutbar machte.
Die Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip nach der Reform von 2018 kann von einem der beiden Ehegatten oder von beiden Ehegatten gemeinsam beantragt werden, ohne dass zwingend eine freiwillige Trennung der Ehegatten nachgewiesen werden muss.
2. Die Scheidungsarten in der Praxis
Rz. 47
Die häufigste Scheidungsart war vor der Reform von 2018 die Scheidung im gegenseitigen Einverständnis. Diese wurde fast immer in Anspruch genommen, wenn die gesetzlichen Vorgaben (Mindestehedauer, Mindestalter der Eheleute) erfüllt waren und wenn die Ehegatten sich über die materiellen Auswirkungen ihrer Scheidung einigen konnten. Die Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip wird seit der Reform von 2018 ebenfalls sehr oft in Anspruch genommen.
3. Härteklauseln
Rz. 48
Härteklauseln spielten nur bei der Scheidung nach dem Zerrüttungsprinzip eine Rolle. Eine solche Härte konnte nur angeführt werden, wenn die beantragte Scheidung für den Beklagten aufgrund seines Alters, der Dauer der Ehe oder für die gemeinsamen Kinder materi...