A. Rechtsanwendung im Erbrecht
I. Bestimmung des Erbstatuts aus luxemburgischer Sicht – Rechtslage vor Geltung der EuErbVO
1. Erbstatut nach dem luxemburgischen Internationalen Privatrecht
Rz. 1
Das Internationale Privatrecht (IPR) Luxemburgs ist nur marginal kodifiziert, ein Gesetz über das Internationale Privatrecht, vergleichbar dem deutschen EGBGB, gibt es nicht.
Rz. 2
Neben der Grundregel des Art. 3 Abs. 2 Cciv wurden durch den luxemburgischen Gesetzgeber nach und nach Einzelregelungen vor allem im Internationalen Familienrecht in das luxemburgische Bürgerliche Gesetz, den Code civil, integriert, zum Teil auch besonderen Gesetzen unterworfen. Besteht keine Regelung, basiert das Internationale Privatrecht, sofern keine Staatsverträge vorrangig einschlägig sind, auf Richterrecht. Existiert keine eigene Rechtsprechung, wird regelmäßig der französischen Jurisprudenz gefolgt.
Rz. 3
Das Erbstatut selbst wird autonom bestimmt. Mangels gesetzlicher Regelung wird das Erbstatut durch die Grundsätze der Rechtsprechung bestimmt. Danach wird zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen unterschieden:
Rz. 4
Für unbewegliches Vermögen ist der Belegenheitsgrundsatz (lex rei sitae) maßgeblich, d.h., Grundvermögen wird nach dem Recht des Staates vererbt, in dem es belegen ist. Die Rechtsprechung verallgemeinert hier die Regelung des Art. 3 Abs. 2 Cciv, wonach Immobilien, auch wenn sie Ausländern gehören, den luxemburgischen Gesetzen unterliegen. In der Praxis hat dies zur Folge, dass für den Erblasser die Erbrechte mehrerer Rechtsordnungen parallel zur Anwendung gelangen können, wenn er Immobilien in verschiedenen Ländern besitzt.
Rz. 5
Bewegliches Vermögen wird nach dem Recht des letzten Wohnsitzes des Erblassers vererbt. Der Begriff des Wohnsitzes ist hierbei nicht unbedingt identisch mit der Definition des Art. 102 Cciv (Hauptniederlassung einer Person). Im Internationalen Privatrecht wird vielmehr grundsätzlich auf den gewöhnlichen Aufenthalt einer Person abgestellt. Der Wohnsitz i.S.d. Code civil kann aber, ebenso wie die behördliche Meldung einer Person gem. Art. 104 Cciv, hierfür als Indiz herangezogen werden. Ferner bilden der Ort der Haupteinnahmen des Erblassers sowie sein hauptsächliches Betätigungsfeld die einschlägigen Kriterien.
Rz. 6
Ob ein Objekt als beweglich oder unbeweglich qualifiziert wird, wird in Anlehnung an die französische Rechtsprechung nach der lex fori beurteilt. Unabhängig davon bleibt es dem Richter unbenommen, hierbei die rechtliche Qualifizierung des in Frage stehenden, im Ausland belegenen Objekts nach der ausländischen Rechtsordnung mit zu berücksichtigen, um seine Entscheidung über die Qualifikation als beweglich oder unbeweglich zu fällen.
Rz. 7
Die Rechtswahl im Erbrecht ist unzulässig. Die Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. wird aber anerkannt.
Rz. 8
Folge der unterschiedlichen Anknüpfung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen ist die kollisionsrechtliche Nachlassspaltung. Das bedeutet, dass das Vermögen des Erblassers, je nachdem, wo er gewohnt hat und wo sich sein Vermögen befindet, nach verschiedenen, parallel anwendbaren Rechtsordnungen vererbt wird.
2. Vorrangige Staatsverträge
Rz. 9
Folgende staatsvertragliche Regelungen im Bereich des Erbrechts gelten für Luxemburg:
▪ |
Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 5.10.1961, in Luxemburg in Kraft seit 5.2.1979; |
▪ |
Baseler Europäisches Übereinkommen über die Einrichtung einer Organisation zur Registrierung von Testamenten vom 16.5.1972, in Luxemburg in Kraft seit 4.9.1982. |
Rz. 10
Das Haager Übereinkommen über die nationale Verwaltung von Nachlässen vom 2.10.1973 wurde von Luxemburg gezeichnet. Das Haager Übereinkommen über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht vom 1.8.1989 wurde von Luxemburg nicht gezeichnet. Staatsvertragliche Sonderregeln im Bereich des anwendbaren Erbrechts bestehen darüber hinaus nicht.
II. Bestimmung des Erbstatuts nach der EuErbVO
1. Abgrenzung zu anderen Statuten
a) Geltung der EuErbVO seit 17.8.2015
Rz. 11
Auch für Luxemburg gilt für Erbfälle seit dem 17.8.2015 die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO).
Rz. 12
Zum Anwendungsbereich...