Leitsatz

Mängel am Gemeinschaftseigentum der vermieteten Wohnung: Pflichten des Vermieters und "Opfergrenze"

 

Normenkette

§§ 21, 23 WEG; §§ 275, 535 BGB

 

Kommentar

  1. Wären die erforderlichen Aufwendungen für die Beseitigung eines Mangels einer Wohnung im Bereich des Gemeinschaftseigentums voraussichtlich unverhältnismäßig hoch und würden sie die "Opfergrenze" für den Vermieter übersteigen, kann der Mieter vom Vermieter nicht die Beseitigung des Mangels verlangen (vgl. bereits BGH v. 26.6.1990, VIII ZR 205/89, NJW-RR 1991, 204). Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muss von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen wertend ermittelt werden (vgl. OLG Karlsruhe v. 30.12.1994, 19 U 113/94, NJW-RR 1995, 849). Es darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits.
  2. Dem Vermieter kann es u.U. unmöglich sein, Nachbesserungsleistungen zu erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB). Ein wie hier verklagter Vermieter ist als Eigentümer einer Wohnung grundsätzlich nicht berechtigt, Arbeiten am Gemeinschaftseigentum vorzunehmen, da nach § 21 Abs. 1 WEG die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nur allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht. Die Voraussetzungen für eine Notgeschäftsführung des einzelnen Eigentümers gem. § 21 Abs. 2 WEG waren vorliegend nicht festgestellt.
  3. Grundsätzlich steht allerdings dem Verlangen des Mieters auf Mangelbeseitigung nicht entgegen, dass ein Wohnungseigentümer als Vermieter die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer für eine Mängelsanierung am Gemeinschaftseigentum herbeiführen muss. Notfalls ist ein solcher Instandsetzungsanspruch gerichtlich durchzusetzen, selbst wenn es noch an einem Beschluss der Gemeinschaft fehlt (KG v. 25.6.1990, 8 RE-Miet 2634/90, NJW-RR 1990, 1166). Der Anspruch des vermietenden Wohnungseigentümers ergibt sich aus § 21 Abs. 4 WEG auf Mitwirkung an einer Verwaltung, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht. Hier muss der Vermieter die Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer u.U. gerichtlich einklagen. Entspricht allerdings eine sehr kostenintensive Sanierung (hier: Beseitigung von Wassereintritten aus dem Erdreich durch eine Wanne in den Kellerbereich der Anlage mit einem Kostenaufwand laut Sachverständigengutachten in Höhe von ca. 100.000 EUR, ohne Erdarbeiten von ca. 65.000 EUR bis 75.000 EUR) nicht mehr den Interessen aller Eigentümer, besteht in diesem Fall für den beklagten Vermieter keine Möglichkeit, die ihm auferlegte Verpflichtung gegenüber den anderen Wohnungseigentümern durchzusetzen.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 342/03BGH v. 20.7.2005, VIII ZR 342/03, NZM 21/2005, 820 = ZMR 12/2005, 935

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