Leitsatz
1. Ein Mangel i. S. v. § 536 BGB liegt vor, wenn sich eine negative Umfeldveränderung unmittelbar auf den Mietgebrauch auswirkt. Eine bloß mittelbare Beeinträchtigung genügt dagegen nicht.
2. Der Zugang zu einer Spielothek wird durch die optische Präsenz der Türsteher einer benachbarten Diskothek und die von diesen ausgeübte gelegentliche Kontrolle der Kunden nicht wesentlich behindert. Deshalb ist dieser Umstand als bloß mittelbare Beeinträchtigung zu bewerten.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB § 536
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über Räume zum Betrieb einer "Spielothek". Die Räumlichkeiten befinden sich im Kellergeschoss eines Einkaufszentrums am Ende eines ca. 2,40 Meter breiten Flurs. Dieser Flur dient auch als Zugang zu einer Diskothek. Der Zugang zur Diskothek wird durch Türsteher überwacht. Da die Diskothekenräume vor der Spielothek gelegen sind, müssen die Kunden der Spielothek zunächst die Türsteher passieren. Der Mieter der Spielothek mindert aus diesem Grund die Miete. Er macht geltend, dass bereits der Anblick der schwarz uniformierten Türsteher auf seine Kunden abschreckend wirke. Außerdem würden die Kunden von den Türstehern gelegentlich gefragt, wohin sie wollten, teilweise auch am Weitergehen gehindert.
Das Gericht hat eine Minderungsbefugnis verneint. Nach § 536 BGB ist die Miete gemindert, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch durch einen Mangel nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird. Hierzu zählen auch Beeinträchtigungen infolge einer negativen Veränderung des Umfelds der Mietsache (sog. Umwelt- oder Umfeldmängel). Teilweise sind die Umfeldmängel dem zur Gewährleistung verpflichteten Vermieter zuzurechnen. Teilweise gehören sie aber auch zum allgemeinen Lebens- und Geschäftsrisiko, das der Mieter zu tragen hat.
Zum Zwecke der Abgrenzung wurde von der Rechtsprechung die Theorie der unmittelbaren Gebrauchsbeeinträchtigung entwickelt. Danach liegt nur dann ein Mangel vor, wenn sich die negative Umfeldveränderung unmittelbar auf den Mietgebrauch auswirkt. Eine bloß mittelbare Beeinträchtigung genügt nicht (BGH, Urteil v. 1.7.1981, VIII ZR 192/80, NJW 1981, 2405; BGH, Urteil v. 16.2.2000, XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714).
In der Regel werden Umfeldmängel als bloß mittelbare Beeinträchtigung bewertet.
Umfeldmängel
- wenn in einem Schuhgeschäft ein geringer Umsatz erwirtschaftet wird, weil das Einkaufszentrum vom Publikum infolge unzulänglicher Verkehrsanbindung und fehlender attraktiver Einrichtungen wie Schwimmbad oder Sauna nicht angenommen wird (BGH, Urteil v. 1.7.1981, VIII ZR 192/80, NJW 1981, 2405);
- wenn der Umsatz eines Wäschegeschäfts in einem Einkaufszentrum stagniert, weil Parkplätze fehlen und Leerstände vorhanden sind (BGH, Urteil v. 16.2.2000, XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714);
- wenn der Umsatz eines Blumengeschäfts durch die Aufhebung einer Bushaltestelle und den Wegfall von Parkplätzen infolge einer Baustelle beeinträchtigt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.12.2004, I-10 U 150/04, DWW 2008, 60).
Dies alles zählt zum unternehmerischen Risiko. Zugangsbehinderungen zählen dagegen zu den unmittelbaren Beeinträchtigungen, weil der Betrieb eines Ladengeschäfts voraussetzt, dass die Kunden die Ladenräume ungehindert betreten können.
Das Gericht ordnet die gerügten Behinderungen den mittelbaren Beeinträchtigungen zu. Hierzu ist ausgeführt, dass der Zugang zur Spielothek durch die optische Präsenz der Türsteher und die Befragung der Kunden nicht wesentlich behindert wird.
Link zur Entscheidung
OLG Rostock, Urteil vom 11.12.2008, 3 U 138/08OLG Rostock, Urteil v. 11.12.2008, 3 U 138/08, GE 2009, 322