Eine darauf bezogene Mankohaftung – ohne, dass für diesen Fall eine arbeitsvertragliche Mankoabrede getroffen wurde – kommt als Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB bzw. unerlaubter Handlung[1] als ein Spezialfall der Haftung im Arbeitsverhältnis in Betracht. Die Mankohaftung ist dabei nach den Grundsätzen der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu beurteilen. Der Arbeitnehmer haftet auch für Fehlbestände in Kassen oder Warenlagern grundsätzlich nur dann, wenn er diese zu verantworten hat. Bei lediglich leicht verursachtem Manko entfällt die Haftung, bei mittlerer Fahrlässigkeit ist der Schaden regelmäßig zu teilen, sodass eine volle Haftung für einen Fehlbestand nur bei Vorsatz (Unterschlagung) bzw. grob fahrlässiger Herbeiführung in Betracht kommt.

Der Arbeitgeber trägt dabei im Regelfall die Darlegungs- und Beweislast für Pflichtverletzung, Schadenseintritt und Verschulden des Arbeitnehmers.[2]

Nur ausnahmsweise kann sich die Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitnehmer verlagern. Dies ist zu bejahen, wenn das Handeln des Arbeitnehmers nach den Grundsätzen der Verwahrung oder des Auftrags zu behandeln ist.[3] In diesen Fällen kommt es juristisch zu einem "gemischten" Vertragsverhältnis mit Elementen aus beiden Vertragstypen. Sinn und Zweck dieser gekünstelten Konstruktion ist es, das beweisrechtliche Privileg des § 619a BGB zu umgehen. Voraussetzung für eine solche Konstruktion ist, dass der Arbeitgeber eine Tatsachenlage geschaffen hat, nach der er nicht mehr Besitzer der Sache ist und der Arbeitnehmer als unmittelbarer Besitzer alleinigen Zugang zu den ihm anvertrauten Waren oder Geldern oder die alleinige Verwaltungsbefugnis hat – dies führt nach der Rechtsprechung zur Annahme eines gesonderten Auftrags- oder Verwahrungsverhältnisses.[4] Im Regelfall ist der Arbeitnehmer jedoch nur als Besitzdiener[5] des unmittelbar besitzenden Arbeitgebers anzusehen. Es bedarf daher seitens des Arbeitgebers der Darlegung einer Tatsachenlage, die es, entgegen der Vermutung des § 855 BGB, rechtfertigt, den Arbeitnehmer selbst als unmittelbaren Besitzer anzusehen.[6] Unmittelbarer Besitz des Arbeitnehmers bedeutet zumindest den alleinigen Zugang zu der Sache und deren selbstständige Verwaltung. Dazu gehört, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen hat.[7] Der Arbeitnehmer kann in diesem Sinne wirtschaftlich tätig werden, wenn seine Tätigkeit von kaufmännischen Aufgaben geprägt ist, z. B. weil ihm eigene Vertriebsbemühungen obliegen oder er Preise auch selbstständig kalkulieren muss.[8] Im Ergebnis muss der Arbeitnehmer – neben dem selten vorliegenden Alleinbesitz am Waren- oder Kassenbestand – in herausgehobener Tätigkeit mit weitgehend selbstständiger Entscheidungskompetenz handeln. Diese Voraussetzungen werden in der Praxis kaum einmal erfüllt sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat somit die Voraussetzungen des "Auftragsmodells" in starkem Maße heraufgesetzt, ohne den konstruktiven Ansatz grundsätzlich aufzugeben.[9] Konkret muss der Arbeitgeber auch (zur vollen Überzeugung des Gerichts i. S. d. § 286 ZPO) darlegen, dass ausgeschlossen ist, dass er selbst oder Dritte in den Waren- oder Kassenbestand eingegriffen hat.[10] Zu weitgehend erscheint allerdings die Forderung, der Arbeitgeber müsse bei einer Zugangssicherung mittels Schlüssel zudem darlegen, dass keine weiteren, u. U. unberechtigt angefertigten Schlüsselkopien bestehen.[11]

Im Bereich der Mankohaftung wird es oftmals auch um den Vorwurf vorsätzlich schädigendem bis hin zu strafbar betrügerischem Verhalten des Arbeitnehmers gehen. Insoweit ist zu beachten, dass sich der Vorsatz des Arbeitnehmers nicht nur auf die Verletzungshandlung beziehen muss, sondern auch auf den eintretenden Schaden.

[2] § 619a BGB als arbeitsrechtliche Modifikation der allgemeinen Beweislastverteilung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB; BAG, Urteil v. 17.9.1998, 8 AZR 175/97.
[3] Zur (umfassenden) Anwendung der auftragsrechtlichen Regelung in Bezug auf Herausgabeansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vgl. BAG, Urteil v. 14.12.2011, 10 AZR 283/10; BAG, Urteil v. 11.4.2006, 9 AZR 500/05.
[6] Zu den strengen Anforderungen BGH, Urteil v. 30.1.2015, V ZR 63/13, regelmäßig ist der Arbeitnehmer als Besitzdiener anzusehen, auch wenn er als leitender Angestellter Schlüssel und damit Zugang zu Räumen des Arbeitgebers erhält; BAG, Urteil v. 15.11.2001, 8 AZR 95/01, für die Verwahrung von eingenommenen und bis zur Abrechnung verwahrten Geldern; LAG Köln, Urteil v. 29.5.2015, 4 Sa 136/15; OLG Brandenburg, Urteil v. 5.2.2020, 11 U 80/15; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.3.2014, 6 Sa 514/13; LAG Berlin, Urteil v. 17.12.2009, 25 Sa 1571/09.

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