1 Aufgaben und Techniken des Mediators

Aufgabe des Mediators ist es, die Parteien bei der Herausarbeitung ihrer Konfliktthemen zu unterstützen, die Interessen der Parteien aufzudecken, Hilfe bei der Kommunikation der Beteiligten zu leisten, die Verhandlungen auf ergiebige Diskussionsfelder zu lenken, mit den Beteiligten Optionen für die Streitbeilegung zu entwickeln und die Parteien bei der Dokumentation und eventuell auch bei der Durchführung der gefundenen Vergleichsvereinbarung zu unterstützen.

Dabei bedient sich der Mediator verschiedener Verhandlungstechniken. Grundlage dafür ist das Konzept des interessenorientierten bzw. rationalen Verhandelns.[1] Im Gegensatz zum in gerichtlichen Verfahren angewendeten Positionenverhandeln, das auf die rechtlichen Ansprüche und Positionen der Konfliktparteien fokussiert und dementsprechend vergangenheitsbezogen ist, konzentriert sich das interessenorientierte Verhandeln auf die hinter den Rechtsansprüchen und -positionen stehenden Interessen. Diese sind häufig außerrechtlicher, d. h. sozialer, wirtschaftlicher und privater Natur. Interessenorientiertes Verhandeln ist zukunftsorientiert. Ziel ist es, gemeinsame Interessen der Konfliktparteien zu ermitteln und auf deren Grundlage eine Lösung für die künftige Gestaltung der Parteienbeziehung zu ermitteln. Dabei geht es nicht um Obsiegen und Unterliegen ("win-lose-solution"), sondern um Lösungen, die den Interessen beider Parteien weitestmöglich entsprechen und für beide Seiten Vorteile mit sich bringen ("win-win-solution").

Auf Grundlage des interessenorientierten Verhandelns lenkt der Mediator die Verhandlungen der Parteien unter Einsatz verschiedener Techniken.[2] Eine häufig verwendete Methode ist der Einsatz von Einzelgesprächen mit den Parteien bis hin zu einer Art "Pendeldiplomatie". Diese Methode bewährt sich insbesondere bei erhitzten Streitigkeiten auf einer fortgeschrittenen Eskalationsstufe. Damit wird beispielsweise das psychologische Phänomen der reaktiven Abwertung ("reactive devaluation") ausgeschaltet, dass die eine Partei einen Vorschlag der Gegenseite nur deshalb ablehnt, weil er von der Gegenseite kommt. Zu den Techniken des Mediators gehören auch spezielle kommunikative Hilfsmittel, wie z. B. das aktive Zuhören, das Spiegeln, der Einsatz offener Fragen, "Reframing"[3] oder das Einbringen spezieller Tatsachen zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Weise.

[1] Näher dazu Haft, BB 1998, Beilage 10, S. 15 ff.; Haft, Verhandlung und Mediation, 2. Auflage 2000; Lembke, Mediation im Arbeitsrecht, 2001, Rz. 49 ff.
[2] Zu den Techniken des Mediators Lembke, Mediation im Arbeitsrecht, Rz. 50 ff. m. w. N.; Risse, DAJV-Newsletter 2007, S. 76 ff.
[3] D. h. Umformulieren der verletzenden Aussage einer Partei in neutrale Sprache.

2 Vorteile der Mediation

Erfahrungen in der Arbeitsrechtspraxis zeigen, dass Mediation ein hocheffektives Konfliktlösungsverfahren ist, das Einigungsquoten von über 80 % erzielt. Das Verfahren ist informell, flexibel und schnell. Es erspart direkte und indirekte Kosten wie Verschlechterung der Quantität und Qualität der Arbeit infolge von Ärger, Demotivation, schlechtem Arbeitsklima, hoher Fluktuation in der Belegschaft, Beschäftigung mit "Nebenkriegsschauplätzen" etc. Da die Frage, ob und wie die Konfliktparteien den Streit beilegen wollen, in den Händen der Parteien belassen bleibt, empfinden die Parteien Mediation zumeist als ausgesprochen zufriedenstellend im Hinblick auf Verfahrensablauf und Verfahrensausgang. Die erzielten Lösungen sind meist dauerhafter Natur. Die Streitbeteiligten können sich nach Abschluss des Verfahrens noch immer oder wieder "in die Augen schauen". Hinzu kommt, dass Mediationsverfahren nicht öffentlich sind und dem Grundsatz der Vertraulichkeit unterliegen. Dies entspricht häufig dem Interesse der Beteiligten, den Streit "nicht an die große Glocke zu hängen".[1]

[1] Zu den Vorteilen der Mediation bei Arbeitsstreitigkeiten Budde, in: Mediation in der Anwaltspraxis, 2. Aufl. 2004, § 19, Rn. 7 ff.; Lembke, Mediation im Arbeitsrecht, Rz. 61 ff., 485 ff.; Ponschab/Dendorfer; in: Haft/v. Schlieffen, Handbuch Mediation 2002, § 39, Rz. 50 ff.; Prütting, in: Haft/v. Schlieffen, Handbuch Mediation, § 36, Rz. 36.

3 Mediation in Arbeitsstreitigkeiten

Mediation eignet sich ganz besonders bei auf Dauer angelegten Beziehungen, die auch nach Entstehung und Beilegung eines Konflikts fortgesetzt werden sollen. Alle maßgeblichen Arbeitsrechtsbeziehungen sind derartige Dauerrechtsverhältnisse. Dies gilt insbesondere für die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Arbeitnehmern desselben Betriebs untereinander, Arbeitgeber(n) und Gewerkschaft sowie Arbeitgeber und Betriebsrat. Gerade in Arbeitsrechtsbeziehungen besteht zudem regelmäßig ein erhebliches Interesse der Parteien an nicht öffentlicher und vertraulicher, schneller und interessengerechter Lösung der Streitigkeit. Hinzu kommt, dass Schiedsverfahren als alternative außergerichtliche Methode zur Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten gemäß §§ 4, 101 ArbGG weitgehend ausgeschlossen sind[1] und daher Mediation die Alternativ...

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