Leitsatz

  1. Mögliche Verbindung einer Beschlussanfechtung mit dem Antrag auf Feststellung des wirklich gefassten Beschlusses (hier: zur Verwalterbestellung bei mehreren Kandidaten in einem Abstimmungsvorgang)
  2. Relative Stimmenmehrheit mehrerer Kandidaten reicht nicht für eine ordnungsgemäße Bestellung
  3. Stimmrechtsvollmacht und Unterbevollmächtigung
  4. Unzulässiger Zwischenfeststellungsantrag kann als gewöhnlicher Feststellungsantrag zulässig (sachdienlich) sein
 

Normenkette

(§§ 23 Abs. 4, 26 Abs. 1 WEG; §§ 256, 533 ZPO)

 

Kommentar

  1. Vorliegend war in der Gemeinschaftsordnung vereinbart,

    "dass sich Eigentümer in der Versammlung aufgrund schriftlicher Vollmacht durch Ehegatten, Verwandte ersten Grades, einen Rechtsanwalt, den Verwalter, einen vom Verwalter bestimmten Unterbevollmächtigten oder andere Miteigentümer vertreten lassen können; die Vertretung durch sonstige Dritte sei ausgeschlossen; für nicht anwesende oder nicht anderweitig vertretene Eigentümer werde das Stimmrecht vom Verwalter ausgeübt, wobei dieser im Rahmen seiner Vertretung im Sinne der Mehrheit der Anwesenden bzw. sonst Vertretenen abzustimmen oder sich der Stimme zu enthalten habe."

    Abgestimmt wurde zum "TOP Verwalterbestellung" in einem Wahlgang über 4 Kandidaten. Der Kandidat A erhielt die (relative) Stimmenmehrheit. Dieser Beschluss wurde bereits durch Senatsentscheidung vom 23.12.2002, 2Z BR 93/02 rechtskräftig für ungültig erklärt. Im vorliegenden Fall ging es um weitere Feststellungsanträge.

  2. Mit der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses kann auch ein Antrag auf Feststellung des wirklich gefassten, aber vom Versammlungsleiter nicht festgestellten Beschlussinhalts verbunden werden (hier: Bestellung des zweitplatzierten anstelle des erstplatzierten Bewerbers zum Verwalter). Dies setzt aber voraus, dass, abgesehen von der unrichtigen Feststellung des Abstimmungsergebnisses, sonst alle Erfordernisse eines wirksamen Beschlusses gegeben sind (vgl. zur konstitutiven Beschlussergebnisfeststellung eines Versammlungsleiters BGH v. 23.8.2001, V ZB 10/01, NJW 2001, 3339 und zur Verbindung eines Beschlussanfechtungsantrags mit einem Antrag auf positive Beschlussfeststellung BGH v. 19.9.2002, V ZB 30/02, ZMR 2002, 930).
  3. Die Bestellung eines Verwalters erfordert einfache Stimmenmehrheit der in der Versammlung anwesenden oder (rechtswirksam) vertretenen Wohnungseigentümer. Eine (nur) relative Stimmenmehrheit genügt auch dann nicht, wenn die Wohnungseigentümer über mehrere Bewerber gleichzeitig abstimmen (vgl. OLG Schleswig v. 14.5.1986, 2 W 123/85, DWE 1987, 133; Staudinger/Bub, WEG, § 26 Rn. 23, 25; Weitnauer/Hauger, WEG, § 26 Rn. 16; anderer Ansicht wohl Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 26 Rn. 71). Selbst wenn eine Gemeinschaft einen abweichenden Abstimmungsmodus dahingehend festgelegt haben sollte, dass derjenige unter 4 Bewerbern zum Verwalter bestellt ist, der die meisten Stimmen erhält – also bereits die relative Mehrheit genügen würde – fehlt der Versammlung die Beschlusskompetenz. Ein solcher Beschluss ist wegen Verstoßes gegen den zwingenden § 26 Abs. 1 S. 1 WEG nichtig. Zulässig ist hingegen auch für die Verwalterbestellung die Vereinbarung, Mehrheitsverhältnisse nicht nach dem Kopfprinzip, sondern nach Miteigentumsanteilen zu bestimmen.

    Vorliegend wäre deshalb auch nicht der Kandidat B rechtswirksam zum Verwalter bestellt, wie sich dies aus nachträglicher Berechnung der Abstimmungsquoten ergibt (wie in der Entscheidung näher begründet).

  4. In seinem erwähnten Beschluss vom 23.12.2002 hat der Senat bereits zur Stimmabgabe durch einen Unterbevollmächtigten für einen Verwalter Stellung bezogen und zur hier getroffenen Vereinbarung im Wesentlichen ausgeführt:

    "Es sei ein grundlegender und allgemein anerkannter Rechtssatz, dass ein Unterbevollmächtigter nicht mehr Befugnisse haben könne als der Hauptbevollmächtigte. Daraus sei zu folgern, dass der Unterbevollmächtigte die Stimmen für die untätigen Eigentümer entweder mit der Mehrheit der Abstimmenden abgeben oder sich der Stimme enthalten müsse. Die hier getroffene Vereinbarung verleihe dem Verwalter kein eigenständiges Stimmrecht, sondern gebe ihm nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nur eine Stimmrechtsvollmacht, die zudem inhaltlich beschränkt sei. An diese Beschränkung sei auch ein Unterbevollmächtigter gebunden. Seine Stimmabgabe, die diese Beschränkung missachte, sei damit vollmachtlos."

  5. Auch ein unzulässiger Zwischenfeststellungsantrag ist als gewöhnlicher Feststellungsantrag zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des Rechtsverhältnisses besteht. Vorliegend war der Feststellungsantrag jedenfalls aufgrund bestehenden rechtlichen Zusammenhangs sachdienlich, eine vom LG vorgenommene Verfahrenstrennung deshalb untunlich (auch aus prozessökonomischen Gründen).
  6. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert III. Instanz von 8.000 EUR.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 13.03.2003, 2Z BR 85/02, BayObLG Z 2003 Nr. 11)

Anmerkung

Die Senatsentsc...

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