Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Ausbau von Dachräumen zu Wohnzwecken
Kostenverteilungsänderung durch bestandskräftigen (vereinbarungsersetzenden) Mehrheitsbeschluss
Erneuter Aufhebungs- bzw. Änderungsanspruch erheblich eingeschränkt
Beitragspflichten und Stimmkraft nicht zwingend an Miteigentumsquoten gekoppelt
Veränderung der Miteigentumsquoten nicht über Vereinbarung i.S. des § 10 Abs. 1, 2 WEG möglich
Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen nur im Ausnahmefall (strenger Maßstab!)
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 21 Abs. 4 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 10 Abs. 1 und 2 WEG)
Kommentar
1. Im Anschluss an einen berechtigten Ausbau von Sondereigentumsdachräumen zu Wohnzwecken wurde in Übereinstimmung mit dem ausbauberechtigten Eigentümer schon 1991 bestandskräftig beschlossen, dass zwar keine Änderung der im Grundbuch festgeschriebenen Miteigentumsanteile erfolgen solle, ungeachtet dessen jedoch für Abrechnungszwecke (intern) die Anteile neu festzulegen seien (gem. einer Anlage zum betreffenden Beschlussprotokoll). Nachdem diese Kostenverteilung einige Jahre in Abrechnungen unbeanstandet praktiziert wurde, kam es in der 1995 ebenfalls beschlossenen Abrechnung für das Geschäftsjahr 1994 zu Beschlussanfechtungs- und erneuten Änderungsanträgen gerade dieses Dachraumeigentümers.
Seine Anträge wurden in allen drei Instanzen zurückgewiesen. Auch der Abrechnungsbeschluss für das Geschäftsjahr 1994 behielt damit Gültigkeit.
2. Der Beschluss von 1991 auf Änderung der Kostenverteilung (sogar im Einvernehmen mit dem Antragsteller herbeigeführt) wurde bestandskräftig, war also nicht wegen behaupteter Kompetenzüberschreitung nichtig. Auch durch Mehrheitsbeschluss kann eine Kostenverteilungsvereinbarung geändert werden, wenn dieser Beschluss mangels form- und fristgerechter Anfechtung bestandskräftig wird (vgl. BGH, NJW 94, 3230 = WE 95, 183 = DWE 94, 140). Solange die Bestandskraft eines solchen (Zitter-) Beschlusses wirkt, ist auch dieser Kostenverteilungsschlüssel in Abrechnungen (in Abweichung zu § 16 Abs. 2 WEG) anzuwenden.
Im Zuge einer Beschlussanfechtung kann auch nicht erneute Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einredeweise geltend gemacht werden (BGH, NJW 95, 2791).
3. Eine erneute Änderung des Kostenverteilungsschlüssels erscheint grundsätzlich möglich (vgl. auch Staudinger/Bub, WEG § 10 Rn. 60 m.w.N.), d.h. auch durch neuerlichen Eigentümerbeschluss, auch wenn der BGH bisher noch nicht entschieden hat, ob ein früherer bestandskräftiger Zitterbeschluss nur durch Vereinbarung sämtlicher Eigentümer oder auch durch neuerlichen Beschluss mit einfacher Mehrheit geändert werden kann. Ein solcher neuerlicher Beschluss muss allerdings schutzwürdige Belange eines Eigentümers aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses beachten (BGH, NJW 91, 979 = WE 91, 132). Verbleibt es nach wie vor bei der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft, kann auch ein Anspruch eines einzelnen Eigentümers auf Vornahme einer Verwaltungsmaßnahme nach § 21 Abs. 4 WEG bestehen, zumindest, wenn sachliche Gründe hierfür genannt werden (vorliegend wurde ein solcher Änderungsanspruch allerdings im Ergebnis abgelehnt).
4. Der frühere bestandskräftige Beschluss trug gerade den geänderten Verhältnissen (Speicherausbau zu Wohnzwecken) Rechnung; diese Verhältnisse haben sich zwischenzeitlich jedoch nicht verändert. Eine mit der geänderten Kostenverteilung erfolgte Abkoppelung von den im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsquoten ist unerheblich, weil die Größenverhältnisse zwischen dem Miteigentumsanteil einerseits und Größe, Wert und Bedeutung des Sondereigentums nach freiem Belieben festgesetzt werden können (vgl. schon BGH, NJW 76, 1976).
Dementsprechend muss auch keine Übereinstimmung zwischen anteiliger Beitragspflicht und Stimmkraft eines einzelnen Eigentümers bestehen, zumal dieser einen gerichtlich überprüfbaren Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung hat.
5. Im vorliegenden Fall musste auch der erneute Anspruch auf Änderung der Miteigentumsanteile zurückgewiesen werden. Eine Veränderung der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsquoten ist im Übrigen einer Vereinbarung im Sinne von § 10 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 WEGnicht zugänglich (vgl. bereits KG Berlin, Entscheidung vom 17. 12. 1997, Az.: 24 W 3797/97). Die im Grundbuch eingetragenen Quoten gehören nicht zum Inhalt des Sondereigentums im Sinne von § 10 Abs. 2 WEG, sondern sind neben dem gesetzlich oder durch Teilungserklärung ausgestalteten Sondereigentum Bestandteil des Wohnungseigentums gem. § 1 Abs. 2 WEG; die Quoten gehören zum sachenrechtlichen Grundverhältnis der Eigentümer untereinander, welches erst die Basis für das Gemeinschaftsverhältnis im Sinne der §§ 10ff. WEG bildet. Ein Anspruch des Antragstellers auf geforderte Änderung dieses sachenrechtlichen Grundverhältnisses war nicht gegeben. Unberührt davon bleibt, dass Eigentümer untereinander und auch der Inhaber mehrerer Einheiten ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer die ihnen zustehenden Quoten intern verändern dürfen, jedenfalls wenn dies ohne Einwirkung auf die Beitragspflichten ...